Vier Sachen sinds, die sich hier vereinen,
mein Blut zum Rasen bringen und mein Herz zum Weinen,
Ein strahlender Blick, das Seidenhaar lange,
Ein Glitzerndes Lächeln und rosig die Wange.
Na? Wer erkennt den Spruch wieder? Zwei farblose, ein rotes Mana? Natürlich rede ich vom Vogelmädchen. Damals, Mitte der 90ger, hab ich mich in diese Magic-Karte verliebt. Dieses Bild! Kaja Foglio schafft es, ihrem Vogelmädchen Anmut zu geben. Das Lachen lässt fürwahr das Herz aufgehen. Mir tat das Mädel leid, wenn ich sie dazu nutzte, den fiesen Sierra Engel abzuwehren. Vogelmädchen habe ich auch schon mal in einem Setting beschrieben. Nun wird es Zeit, sie auch in mein Monsterhandbuch zu übernehmen. Zugleich möchte ich diesen Anlass mal nutzen und mich ein wenig umsehen, was es an Vogelwesen so in der Welt der Mythologie gibt und ich als Vorbild für Fantasy nutzen konnte…
Alkonost, Gamayun und Sirin

Wiktor Michailowitsch Wasnezow Sirin und Alkonost – Vögel der Freude und Sorge Scanned from A. K. Lazuko: Victor Vasnetsov. Leningrad: Khudozhnik RSFSR, 1990, ISBN 5-7370-0107-5 Quelle: Der Urheber dieses Werks ist 1926 gestorben; es ist daher gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 80 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers
Zuerst begeben wir uns mal nach Osten, in die mythische Welt der Slaven. Leider wissen wir heute nicht mehr allzu viel von deren Mythen und Religion, ein Schicksal, dass sie mit den Germanen und den Kelten teilen, da sie keine Aufzeichnungen hinterließen, ihre Tempel aus Holz waren und die Quellen, die wir über ihren Glauben haben, von ihren Feinden stammte. Was wir haben sind Fragmente, die in Märchen, Sagen, Ortsnamen oder Traditionen der Kirche erhalten blieben.
Die Slaven geben uns gleich drei Vogelmenschen. Vogelfrauen genauer gesagt (wobei das so nicht ganz wahr ist, die haben die Vogelfrauen wahrscheinlich aus dem antiken Griechenland und Persien übernommen und in ihre Glaubenswelt eingepasst). Alkonost, Gamayun und Sirin. Sie unterscheiden sich vor allem durch ihre Gefiederfarbe und Verhalten. Die Gestallt ist bei allen gleich: Unterleib ein großer Vogel, Oberkörper der einer schönen Frau, meist mit Schmuck und Diadem. Sie legen Eier, die sie ins Meer rollen. Sobald die Jungen schlüpfen (etwa nach einer Woche) wirbelt ein Sturm das Meer auf und die Jungen fliegen davon. Die Alkonost haben helle, weiße Federn und gelten als Vögel des Glücks, der Hoffnung und in der russisch-orthodoxen Kirche als Versinnbildlichung des göttlichen Willens, die nur das Paradies verlässt, wenn sie eine wichtige Botschaft zu verkünden hat (irgendwie erinnert die mich an einen Engel…). Die Gamayun geht eher in Richtung Orakel, denn sie soll nahe am Paradies, soll die Ware Natur der Götter kennen und die Veda in die Welt gebracht haben. Ihr Gesang soll unverständlicher sein als der der Alkonost, wer aber ihn hört und zu deuten mag, der bekommt sehr präzise Prophezeiungen. Die Sirin kommt direkt aus Griechenland, die werden wir also gleich wiedersehen. Auch sie lebt nahe des Garten Eden, auch sie singt betörend und schlägt ihre Zuhörer in den Bann, jedoch ist sie Menschen eher negetiv eingestellt. Ihr Gesang, der von den Freuden des Jenseits handelt, ist für Heilige ungefährlich (und für Märtyrer ein Trost), für Ivan Ivanovich Ivanov und Vasya Pupkin (die russischen Max und Erika Mustermann) aber gefährlich, weil er sie in den Tod lockt. Glocken und Kanonen sollen sie verscheuchen.
Der Einfachheit halber nenne ich die drei Vogeldamen für mein Wertebeispiel Göttervögel. Sie teilen (zumindest ja in ihrer modernen, durch das orthodoxe Christentum geprägten Erscheinungsform) ja die Gemeinsamkeit, dass sie Boten göttlichen Willens sind und in der Nähe des Paradieses leben.
Beispielwerte für einen Göttervogel in Beutelschneider
2 rote, 7 grüne, 5 blaue, 2 goldene, 2 weiße, 2 schwarze Murmeln
Lied der Freude: Ziehe drei Murmeln. Ist eine goldene Murmel dabei, tausche beim Ziel deines Liedes eine zufällig gezogene Murmel gegen eine goldene Murmel aus. Der Tausch gilt bis zum Ende des Abenteuers.
Lied der Weisheit: Ziehe drei Murmeln. Ist eine weiße Murmel dabei, tausche beim Ziel deines Liedes eine zufällig gezogene Murmel gegen eine weiße Murmel aus. Der Tausch gilt bis zum Ende des Abenteuers.
Lied der Sorgen: Ziehe drei Murmeln. Ist eine schwarze Murmel dabei, tausche beim Ziel deines Liedes eine zufällig gezogene Murmel gegen eine schwarze Murmel aus. Der Tausch gilt bis zum Ende des Abenteuers.
Harpyie und Sirene

Paul Gustave Doré, Les harpies tourmentant des damnés du 7e cercle des Enfers devant Dante et Virgile Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Harpy.jpg The author died in 1926, so this work is in the public domain in its country of origin and other countries and areas where the copyright term is the author’s life plus 80 years or less.
Ahhh, Griechenland, deine Monster! Natürlich kennen wir alle die Töchter des Titans Thaumas und der Meeresnyphe Elektra, die in den Vorhallen des Tatarus hausen, in der Argonautensaga den blinen Seher Phineus quälen, bei Dante die Selbstmörder peinigen, als Wilddruden Ronja Räubertochter jagen (ich habe diese Szenen als Kind gehasst. Die haben mir Angst gemacht) und zu den Monsterklassikern auch bei DSA gehören. In DSA sind sie das missglückte (?) Ergebnis eines Chimärenexperiments Pandoras und haben erst seit kurzem mehr erzählerische Tiefe als nur das Dasein als habverrücktes, weibliches Wesen. Harpyien kennt man, da kann man nichts falsch machen.
Beispielwerte für Hexxen1733 (da könnte man die Harpyen als Wilddruden schön einsetzen). Nebenbei… die Wilddrudenkönigin orrientiert sich an einer Junghexe, die de Harpyen-Verwandlung vollzogen hat.
Wilddrudenkönigin:
Anführer 2, Widernatürlich
Kkr 8, Ath 6, Ges 11, Wil 9, Wis 5, Sin 5
Lep: Jz x 15 | PW: 1 (Federkleid)
Ini: 11
Strategie: Allrounder (NN|FF)
Krallenangriff (Kkr), Schaden 5
Kräfte
- Hex-Macht (Jz Hex bei Start).
- Hex-Wachstum (Jz Hex in Ini 0)
- Beschwörung (N|F: Junge Walddruden, Bande 1, 3 für 1 Hex)
- Flieger
- Krallenangriff (Kkr), Schaden 5
Beute: 32 Gulden, Harpyenbalg
Junge Wilddruden
Bande 1
Lep: 3 | Ini: 7
Bandenattacke
(N) Schnabel (Erfolge 2, Schaden +2)
Kräfte
- Flieger

Siren of Canosa. Fotograf Luis García, Museo Arqueológico Nacional de España Saal Es ist erlaubt, die Datei unter den Bedingungen der GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation, zu kopieren, zu verbreiten und/oder zu modifizieren; es gibt keine unveränderlichen Abschnitte, keinen vorderen und keinen hinteren Umschlagtext. Der vollständige Text der Lizenz ist im Kapitel GNU-Lizenz für freie Dokumentation verfügbar.
Die Sirenen hingegen haben die letzten Jahrhunderte einen Wandel durchlaufen. Waren sie im Altertum tatsächlich Vögel mit Frauenanglitz, so wurden sie bereits im Mittelalter als Fischweiber dargestellt. Bei Ice Age IV waren es dann telepathisch veranlagte Raubfischchen, bei Duck Tales eine Art Amöbe. Wie bei griechischen Mythen üblich, stammen auch diese Wesen von Göttern bzw. Halbgöttern ab. Je nach Version waren es der Fussgott Archeloos oder der Meeresgott Phorkys und entweder Gaia, Sterope, Melpomene, Terpsichore oder Kalliope. Ich finde, wir sollten der Originalform mal weder etwas Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Sirenen könnte man auch für ein Hexxen1733 Setting am Rhein verwenden. Schließlich wohnt mit der Lorelei ja auch hier ein Wesen, dass per Gesang die Schiffer in den Untergang lockt. Was wäre, wenn die Lorelei eine Hexe wäre und die Sirenen für sie die Schiffer ins Verderben locken?
Beispielwerte für Sirenen in Hexxen1733
(Bande 3, Widernatürlich)
Lep: 8, Ini: 10
Bandenattacke:
Schnabel (N: Erfolge 3,Schaden +2)
Kräfte
- Flieger (nicht gebunden))
- Gesang des Untergangs (F: 5 gegen Geistesstärke, 1 Lähmungsstufe (Verzauberung, 5: MFD) pro Differenzerfolg, 1 Ziel)
Vogelmann (tangata manu)

Homme-oiseau (Tangata-Manu), collection de l’American Museum of Natural History, New York. Planche XLII fig. 113, Stephen-Chauvet, 1935 Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rongorongo_X_Birdman.jpg Permission is granted to copy, distribute and/or modify this document under the terms of the GNU Free Documentation License, Version 1.2 or any later version published by the Free Software Foundation; with no Invariant Sections, no Front-Cover Texts, and no Back-Cover Texts. A copy of the license is included in the section entitled GNU Free Documentation License.
Nach so viel Frauenpower kommt hier mal ein Mann. Der Vogelmann stammte aus der polynesischen Glaubenswelt und spiele vor allem auf den Osterinseln eine wichtige Rolle. Er war dort der Gott der Fruchtbarkeit, sein heiliges Tier waren die Seeschwalben. Teil des Kultes war das jährliche Rennen auf die Seeschwalbeneier, die von jungen Männern im Auftrag ihrer Häuptlinge ausgetragen wurde. Die mussten zu einer kleinen Insel, da die Steilklippe hoch, ein Ei klauen, wieder runter, durch das haiverseuchte Meer zurück und das Ei unbeschadet ihrem Häuptling übergeben.
Garuda

National Emblem of Thailand, depicting a dancing Garuda with outstretched wings. The Garuda symbolizes the government and people of Thailand, as Lord Vishnu symbolizes King of Thailand Urheber: Sodacan CC BY-SA 3.0
Auch dieser Vogelmensch (halb Adler, halb Mensch) ist männlich und Götterbote, aber vor allem Reittier des Vishnu. Er hasst alles schlangenartige (weil seine Halbgeschwister, die Nagah, zusammen mit deren Mutter seine Mutter, den Himmel, gefangen nahmen) und ist Teil vieler Herrschaftsinsignien, wie z.B. jenes von Thailand. An dieser Stelle grüße ich seine königliche Hoheit Maha Wachiralongkon Bodinthrathepphayawarangkun, der ja gern bei uns in Bayern weilt. Dort, im Buddhismus, tritt der Garuda gern in Scharen auf und sind die Könige der Vögel. Es gibt sogar das Motiv, dass die Garuda Tempel (im Hinduismus des Vishnu, im Buddhismus eben Buddhas) tragen. Ein Palast, der von Vogelwesen getragen wird… wenn das nicht ein Motiv für Fantasy-Settings ist.
Carpies
Achtung: Nostalgiegefahr! Bei der Recherche zu den Garuda fiel mir ein, dass ich als Kind schon mal Raubvogel-Mensch-Mischwesen gesehen habe: Die Carpies aus Disneys Gummibärenbande. Sie tauchen da immerhin zweimal als Gegner auf, wobei sie jeweils von ihrem Königlein zu Schandtaten angetrieben werden. Äußerlich ähneln sie Geiern mit Händen.
Tengu

Krähen-Tengu (Karasu-Tengu), späte Edo-Zeit Autor: WolfgangMichel CC-BY
Ursprünglich waren diese Yōkai gefürchtet: Zaubermächtig, fliegend, geübt mit dem Schwert und Feind aller Mönche und Kinder konnten sie Besessenheit auslösen. Mit der Zeit wandelte sich das Bild allerdings. Der Schnabel wurde zur langen Nase (ein Zeichen für übermäßige sexuelle Lust und heute eine weit verbreitete Emoji), die Aggressivität wich dem Schabernack und der Samurai Minamoto no Yoshitsune soll sogar von einem Tengu die Schwertkunst erlernt haben. Tengu besitzen die Füße und Flügel einer Krähe, den Körper eines Menschen und spätestens seit der Edo-Zeit (1603 bis 1868) ein rotes Gesicht mit einem außerordentlichen Zinken. Sie sollen auch einen König haben.
Pathfinder kennt den Tengu schon, und auch in Tharun gibt es so was ähnliches:
Ashariel
Auch Myranor hat seine geflügelten Menschen, wobei hier das Menschliche überwiegt. Die sehen eher wie Engel denn wie Vögel aus. der Vollständigkeit halber seien sie aber hier trotzdem aufgeführt.
Hier übrigens noch mal das Zitat vom Anfang in der aktuellen Übersetzung. Das Textfragment stammte übrigens aus der Geschichte des zweiten Derwisches.
Es gibt vier Dinge, die, wenn sie zusammentreffen,
mich zwingen, Herz und Leben dafür zu bezahlen:Das Leuchten einer Stirn, Das Gewicht einer Locke,
Die Rose einer Wange und ein lachendes Strahlen.
(Quelle: Tausendundeine Nacht, S. 139)