Passend zu Karfreitag hat Belchion die Welt in diversen Szenarien untergehen lassen. Ich finde, ein ganz wichtiges Szenario fehlt aber da. Nämlich der Weltuntergang, der nicht stattgefunden hat.
Hä, höre ich euch sagen, wo ist das rollenspielerische Potential eines Ereignisses, das nicht stattfindet, aber gebt mir ein paar Minuten, dann ich entführe euch in ein Setting, dass von Lustig bis Massenselbstmord alles dabeihat und nach Held*innen schreit. Achja… an dieser Stelle eine Triggerwarnung: Es können religiöse Gefühle verletzt werden und es geht um das Thema Selbstmord.
Weltuntergänge sind Teil von ziemlich vielen Religionen: Hinduismus, Ragnarök bei den Wikingern und die Apokalypse bei uns Christen. Ja… wir Christen sind eine Weltuntergangsreligion. Jede Religion, die auf die Wiederkehr eines heilsbringenden, göttlichen Religionsgründers warten, sind Weltuntergangsreligionen. In jeder dieser Weltuntergangsreligionen wollten die Gläubigen schon immer wissen, wann denn nun die Welt untergeht und ab wann man denn mit dem Beten und Büßen am besten anfängt, um ins versprochene Jenseits zu kommen. Kein Wunder also, das es hunderte Weltuntergangsprophezeiungen gibt, von Johannes über Nostradamus und Muihiasl zu den Maia-Kalender (der einen wahren Hype ausgelöst hat und Emmerich zu einem Film inspiriert hat) bis zu irgendwelchen… verwirrten Gestalten, die jedes Jahr die Reinigung der Welt von schwarzen Seelen proklamieren.
Aber es wird nicht lange dauern. Es wird nichts helfen, wenn auch die Leute wieder fromm werden und den Herrgott wieder hervorholen.
Sie werden krank, und kein Mensch kann ihnen helfen. Im ganzen Wald wird kein Licht mehr brennen, und das wird eine lange Zeit dauern.
Die wieder von vorne anfangen, werden eine Kirche bauen und Gott loben. Wenn man herüber der Donau noch eine Kuh findet, der soll man eine goldene Glocke umhängen. Es wird erst vorbei sein, wenn kein Totenvogel mehr fliegt.
Die es überstanden haben, werden sich grüßen „Bruder, lebst du auch noch?“ und werden sich mit „Gelobt sei Jesus Christus“ grüßen.
Dann schaut den Wald an. Er wird viele Löcher haben wie eines Bettelmannes Rock. Das wird nicht nur bei uns, sondern auf der ganzen Welt so sein, und Recht wird wieder Recht sein, und der Friede wird tausend Jahre gelten. Aber – und das ist weit – wird man Sommer und Winter nicht mehr auseinander kennen, und die Sonne wird nicht mehr scheinen. Denn alles hat ein End. Auch diese Welt.
Das Feuer, das alles vernichtet, wird vom Himmel fallen. Das große Sterben wird über das Land gehen.
Ein Himmelszeichen wird es geben, und ein gar strenger Herr wird kommen und den armen Leuten die Haut abziehen – es wird aber nicht lange dauern… dann kommt das große Abräumen.
Wenn man Sommer und Winter nicht mehr auseinanderkennt, dann ist’s nimmer weit.
Doch was passiert, wenn der Weltuntergang ausbleibt? Der Tag der Apokalypse vergeht, das Auto und das Haus verkauft sind und das Geld brav der Kirche gespendet, geschniegelt und gestriegelt am Straßenrand und Reapture passiert einfach nicht? Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten:
Von Spinnern, Lachern und Kultisten
Im günstigsten Fall lachen alle über den Weltuntergangspropheten und dessen Anhänger und… vergessen die ganze Sache (The Sipsons did it. Episode 354). Einige Anhänger des Weltuntergangspropheten werden sich ebenfalls von ihm abwenden. Leider nicht alle. Die Meisten werden sogar noch stärker an den Propheten und den verkündeten Weltuntergang glauben. Das Phänomen kennen wir aus dem Bereich der Verschwörungsmythen.
Wie können wir das ins Rollenspiel einbringen? Als Erweiterung Belchions Kurz und Schmerzlos-Ansatz. Die Held*innen versagen, die Obererzschurk*in drückt aufs Knöpfchen oder schließt das Ritual ab und… nix passiert. Das ist mal ein ordentlicher Plot Twist, der die Schurk*in und die Held*innen dürften erst mal ziemlich überrascht sein (hier ist die Möglichkeit, sich mit den unterlegenen Held*innen aus den Staub zu machen)… und sich dann an die Suche nach dem Fehler im Plan machen. Ist die Maschine richtig angeschlossen und steckt der Stecker? War die Jungfrau, deren Blut man dringend brauchte, doch keine Jungfrau mehr? Die Reliquie, die man während des Rituals zerstört hat, doch Fake? Oder war das Datum für den Weltuntergang falsch berechnet (angeblich traten 1492 in Nowgorod einige Reiche zum Judentum über, weil die den Weltuntergang eben nicht für 1492, wie die orthodoxe Kirche, sondern ein paar Jahrhunderte später berechnet hat. Hier gibt es einen tollen Podcast dazu)?
Don’t drink the Kool Aid
Weltuntergangssekten können für die Mitglieder der Sekte tödlich sein. Am 18 November 1978 tranken (oder wurden zum trinken gezwungen) 908 Mitglieder des People Temple und ihr Anführer Jim Jones ein mit Zyankali versetztes Erfrischungsgetränk und starben. In den Jahren 1994, 1995 und 1997 starben insgesamt 83 Sonnentempler bei Massenselbstmorden, auch am 21.12.2012 gab es Selbstmorde verschiedener Kulte. Doch die Erde drehte sich weiter.
Hier wird es ungemütlich, aber der so ein Weltuntergangs-Selbstmord-Plot bietet sich für ein Extraktionsabenteuer an. Die Held*innen müssen sich in einen Kult einschleichen, der Gehirnwäsche wiederstehen und den Sohn des Präsidenten da rausholen, bevor er zusammen mit den anderen Kultisten das Kool Aid trinkt. Dabei müssen die bewaffneten Wachen des Sektenführers ausgeschalten werden (und natürlich haben die Held*innen nicht ihre geliebte AK dabei).
So, das wars mit diesem Weltuntergang, bis zum nächsten Mal…