Nichts verschwenden, wiederverwenden ist das passende Motto für den Abenteuer. #9. In der Zock-Bock-Radio-Folge zur Kommerzialisierung und Kommodifizierung im Rollenspielbereich wies einer der Diskutanten ausdrücklich darauf hin, dass alle Artikel für das Magazin Nebenprodukte ihrer tatsächlich gespielten Kampagnen seien. Kein Artikel, kein Abenteuer wird FÜR den Abenteuer. geschrieben. Diese Einstellung finde ich bemerkenswert.
Schnappen wir uns die aktuelle Ausgabe und schauen uns die wiederverwerteten Artikel an und beginnen mit Die zinkgrüne Warte aus der Feder Tassanders.
Da ich seit ein paar Tagen Sonderpädagoge für den Förderschwerpunkt L bin und grade im Privaten auch einen Fall von Dyskalkulie hatte, finde ich den Einstieg genial. Die Personagen sollen im Auftrag der Auguren und Haruspizen des Olivenkönigs Hazendel I für die entführten und im Palast unterrichteten Kinder dessen Volkes, das Öl der Arithmetik bringen, dass, einmal aufgeschmiert, einem unglaubliche mathematische Fähigkeiten verleiht. Eine Weissagung deutet auf die namensgebende zinkgrüne Warte in Dexhaven. Dort angekommen geraten die Personagen dann in den Konflikt zwischen den Gischtelfen der zinkgrünen Warte (bei deren internen Zwistigkeiten vor kurzem einer das Zeitliche gesegnet hat), den Palantinischen Minutien (die das Öl aus den Tränen einer weiblichen Sphinx herstellen, welche wiederum das Öl verflucht hat), der Diebesbande Gleitsteins Rotte, den Todesmond-Orks und noch einigen weiteren Fraktionen. Gebäudepläne gibt es für die Zinkgrüne Warte, den Hof der Minutien und der Kneipe, die der Bande als Unterschlupf dient.
Ein weiteres Lob verdienen die Anhänge, in denen der Zusammenhang der einzelnen Verschwörungen erklärt wird, Tips gegeben werden, wenn die Spielenden mal auf dem Schlauch stehen, eine Beziehungsmappe die Beziehungen zwischen den wichtigsten Protagonisten darstellt, Handouts (Tagebucheinträge und Briefe) gibt, das neue Monster Konfusions-Kapaun vorstellt und alle Werte der NSCs enthält.
Die Konfusions-Kapaune finde ich echt cool. Monster-Hähne, die telepathisch Gedanken rauben und daraus Tränke brauen. Wer einen Trank Trinkt, erhält dann Fertigkeiten (oder gestohlene Zauberlieder) hinzu, wer zwei Tränke am Tag trinkt, läuft Gefahr, seine Eier zu verliehren und selbst zum Kapaun zu werden (Kapaune sind kastrierte Hähne. Die Vermehrung mittels Trank ist warscheinlich tatsächlich die einzige Methode, sich als Spezies zu behaupten).
Über das Abenteuer Staub und Sterne, das aus dem Gemetzel an einem DSA-Klassiker entstand, habe ich ja schon berichtet. Der Artikel ist in doppelter Hinsicht recycelt. Zum Einen entstand er aus der Wiederverwertung des Covers, der Idee und ein paar Inhalten, zum Anderen ist er die Übersetzung des englischsprachigen Abenteuers, das Settembrini für den No Artpunk Wettbewerb geschrieben hat. Wie auch die Warte ist dieses Abenteuer für OSR-Systeme geschrieben, hier AD&D1e bzw. deren aufgeräumte Variante OSRIC (bzw. dessen deutscher Übersetzung ALRIK). Alles, was Scifi-Elemente mit Fantasy verbindet, hat bei mir sowieso nen Stein im Brett, von daher finde ich diese Abenteuer super. Zwei Testgruppen hat Settembrini da durchgejagt und kann daher aus Erfahrung Gruppen mit 6 Figuren zu einer Gesamt-Trefferwürfelzahl von 58 vorschlagen.
Ich kannte das System Pavillion Noir bisher nur vom Hörensagen. Der Gemüseghul hat für den Abenteuer. ein Abenteuer beigesteuert, das mehrfach getestet und poliert wurde. Die Jagd auf das letzten Einhorn. Sogar der Titel hört sich recycelt an. Die Geschichte startet in Frankreich im Jahr III der Französischen Revolution . Mit der Datierung komme ich etwas durcheinander. Das Jahr III dürfte doch 1972 gewesen sein, es wird aber auf die Terrorherrschaft und die Taufe von Nantes als vergangene Ereignisse verwiesen, letztere war 1793. Gemüseghul, bitte helfen Sie!
Jedenfalls sollen die Personagen (ein Wort dass im Abenteuer. immer synonym für SCs verwendet wird) an Bord der Dortis de l’homme, einer Fregatte, einen englischen Diplomaten abfangen, der mittels eines toxischen Dossier Amerika zum Kriegseintritt gegen Frankreich, zumindest aber zur Sperrung der Häfen bewegen will (die sind grade unabhängig geworden und haben erst seit Kurzem eine Verfassung). Das Ganze wird zu einer Jagd quer über den Atlantik, mit Zwischenstopp in Kingston, Port-au-Prince und einem möglichen Finale vor Boston (was es zu vermeiden gilt. Die Amerikaner reagieren unwirsch darauf, wenn man in ihren Küstengewässern Krieg spielt).
Ich kenne zwar das Regelsystem nicht, aber das Abenteuer ist gut geschrieben, die Schiffe sind mit Werten drin und als Dreingabe erhält der Abenteuer. historisches Kartenmaterial zu diesem Abenteuer
Der letzte Beitrag ist eine Ideensammlung, die sich um Rüstungen bzw. Rüstungsteile und zehn Dingen, die man Looten kann, dreht. Die Ideensammlung lädt geradezu ein, Teile davon (wieder) zu verwenden.
Fazit
Kann so eine Sammlung an gespielten Abenteuern und alten Ideen gut sein? Ja. Meiner Meinung nach gehört der Abenteuer. mit seinem Ansatz zu den Besten, was zur Zeit auf dem Markt ist. Das gilt nicht nur für Fanzines, ich würde es auch auf Abenteuer ausweiten. Auch für diese Ausgabe gilt, das die hier vorgestellten Kampagnen und Abenteuer richtig gut sind. Fehler oder Logiklücken sind ausgebügelt, weil die Autoren / Spielleiter genau über solche Stolpersteine gestolpert sind und die bearbeitet haben. Die Ausgabe ist ein gutes, smoothes Produkt, vom Tisch der Spielleitung für den Tisch der Spielleitung. Für Fans der ORS dringend zu empfehlen.