„In Cöllerstrass bei ein Bürgersman, welcher Hühner halt, daselbst hatt der Hahn ein Ey gelegt eben wie ein Huhn, aber schmal und lang, nicht gestaltet wie ein Hühner-Ey, warüber der Mann kommet und dieses gesehen den Hahn gleich todt geschlagen.
In Marschierstrass ist dasselbige geschehen, aber der Mann hatt den Hahn leben lassen wo er aber das Ei hingetan hat, das weis ich nicht, und wie man vor gewiss hält aus diese Hahnen-Eier würden die erschreckliche giftige Tier, Basilisken genannt, ausgebrütet. Diese Tiere sind so schädlich und giftig, dass ein einziges könne ein ganz Land die Luft vergiften, dass Menschen und Vieh davon sterben müssen. Dieses Tier ist gestaltet wie ein Hahn, allein sein Stärtz ist ein Slang oder Drachen gleich und ganz klein wie diese Figur anzieget, aber etwas grösser, die allergröste ist wie ein Daube gegen der Gröse zu rechnen, und so fortan, dann ich habe eine mit meine Augen gesehen, aber tot und balsamiert vor eine Raritat in Brüssel, aber eine lebendig ist so voller Gift, dass wanns ein Mensch von fern tut ansehen, er davon gleich muss sterben, ja sogar wo das Tier sich aufhält, wachst weder Gras noch anderes Kraut, die Baum und Sträucher verdorren durch seine giftige Gegenwart. Gott will uns behüten hier zu Land vor dergleiches Tier. Wan Hahnen in der Stadt Eier legen, so werden sie se auch da aussen bij de Bauren thun, alwo dies Thier könnte ausgebrühtet werden im Feld oder Busch. Gott bewahr uns darvur.“
Quelle: Hermann Ariovist von Fürth: Beiträge zur Geschichte der Aachener Patrizier-Familien, Dritter Band, Aachen 1890. hier: Die historischen Notizen des Bürgermeisterei-Dieners Johannes Janssen, S. 151
Das ist ein realweltlicher Eintrag in einer Chronik. Ein Eintrag von einem Bürgermeisterdieners in die Chronik von Aachen. Aus diesen Zeilen spricht Angst. Panik. Besonders der letzte Satz ist bemerkenswert. Hier macht sich ein Stadtmensch sorgen darum, was wohl dort draußen passieren möge. Ob nicht ein Ei eines Hahns unentdeckt bliebe. Ausgebrütet würde. Das Unheil, Satanas, auf die Welt losgelassen werden würde. 1748 erfuhr Johannes Jansen das, was man heute als Cosmic Horror bezeichnet.
Basilisken und Fantasy-Rollenspiele, das gehört einfach zusammen. Schon seit den Urzeiten des Rollenspiels bevölkern Basilisken unsere Dungeons und Sümpfe. Zeit, diese Monster genauer unter die Lupe zu nehmen… aus sicherer Entfernung.
Als ich mich zuerst mit Basilisken beschäftigt habe, dachte ich: Gmade Wiesn, schreib über die Echse, über deren Ursprung und schreib was über die rakshazanische Basiliskennatter. Fertig. Dann stieß ich jedoch bei meinen Nachforschungen auf den Cockatrice gestoßen, eine Unterart des Basilisken, der vor allem in Großbritannien sein Unwesen zu treiben schien. Das hat meine Nachforschungen ganz schön durcheinandergewirbelt.
Der Ursprung des Kleinen Königs
Der Basilisk (altgriechisch für kleiner König oder Häuptling, gemeint hier als Häuptling der Schlangen) geht auf die Naturalis historica des Römers Gaius Plinius Secundus zurück, geschrieben um 77 n.Chr. Das Buch war so eine Art Enzyklopädie, ein Wiki seiner Zeit. Wahrscheinlich hat aber der Römer aber bei diesem Monster auf griechische Quellen zurückgegriffen. Er beschreibt dort den Basilisken als etwa 24 cm lange Schlange mit weißen Fleck auf dem Kopf, dass die Schlange wie ein Diadem schmücke. Den Oberkörper halte der Basilisk aufrecht, seine Ausdünstungen ließen die Sträucher der lybische Wüste verdorren, sein Atem Steine zerspringen, sein giftiges Blut stiege Speere hinauf und würde Ross und Reiter töten. Gottseidank überliefert uns Plinius der Ältere auch gleich die ultimative Waffe gegen den Basilisken: Ein Wiesel!
Man nehme ein handelsübliches Wiesel oder Frettchen, suche den Bau des Basilisken und werfe das Tier in den Bau. Dann warte man, bis das Wiesel die Schlange tot gebissen hat und selbst am Gift verreckt ist. Viola! Man ist ein Held (spätere Quellen behaupten, der Basilisk würde am Wieselurin eingehen, den das arme Tier absondert, nachdem es am Basiliskengestank verreckt ist. Aber… Man ist immer noch Held):
Während des Mittelalters und der Renaissance haben sich eine ganze Menge Autoren mit dem Basilisken auseinandergesetzt: von Isidor von Sevilla (Genau der Isidor, der (fast) Schutzheilige des Internets. Anm. Von Leander Kirchenfledermaus), über Hildegard von Bingen bis Leonardo da Vinci. Auch Luther hat mal nen Satz über Basilisken gesagt. War wenig schmeichelhaft für die Juden, die er mit diesem Monster verglichen hat.
Irgendwann im Mittelalter bekam der Basilisk auch seinen versteinernden Blick und die Geburt aus dem Hahnenei, das von einer Kröte, einer Schlange oder Echse ausgebrütet wird, hinzu. Und genau hier kommen auch die Engländer ins Spiel: Irgendwann kamen die nämlich auf die Idee, für Basilisk das Wort Cockatrice als Synonym zu nutzen und das Produkt aus dem Hahnenei und der brütenden Kröte zu verwenden. Dargestellt wurde der Cockatrice als Hahn mit einem Schlangenschwanz und Schlangenhals, der klassische Basilisk als große flügellose Schlange mit Hahnenkopf.
Also Basilisk eher die Reptilienvariante, Cockatrice eher Gockel mit Eidechsenschwanz. Aber beide haben die gleichen Fähigkeiten (giftige Aura und versteinernder Blick), die gleiche Herkunft (Hahnenei, das von einem Reptil oder einer Kröte ausgebrütet wurde) und die gleiche Schwachstelle (Wiesel und, zumindest seit dem Mittelalter, der Ruf eines Gockels und Spiegel (letzteres kommt wahrscheinlich aus der Medusa-Sage)).
Ein Blick ins fantastische Bestiarium
Schauen wir und doch mal an, wie es um Basilisk und Cockatrice in der Fantasy so bestellt ist. Als erstes…
DSA
Basilisken sind hier 6 Meter lange, giftige, schlangenartige Wesen. Und sie haben sowohl den versteinernden Blick als auch die Todesaura. Achja… wenn man versteinert wurde, ist man TOT und kann nicht zurückverwandelt werden. Und die bloße Berührung eines Basilisken ist tödlich. Basilisken sind in DSA serious business!
Cockatrice… Fehlanzeige. Dafür hat DSA mit dem Scheinbasilisken noch eine Schlange, die ein stinkendes Sekret verströmt, das kleine Vögel und Nagetiere sofort tötet. Todesaura light.
Hexxen 1733
Nix. Tatsächlich, hier gibt es weder Basilisk noch Cockatrice, was mich sehr verwundert hat. Das ist tatsächlich eine verschenkte Möglichkeit. Oder eine Chance, so ein Vieh für Hexxen 1733 zu entwerfen.
D&D und Pathfinder
Hier ist der Basilisk eine sechs- bis achtbeinige Echse, die eben jenen versteinernden Blick besitzt. Bei Pathfinder ist zudem erwähnt, dass Wiesel immun gegen den Basiliskenblick sind. Die Versteinerung kann aufgehoben werden, bei Pathfinder braucht man dafür frisches Basiliskenblut.
Der Cockatrice ist in beiden Systemen vorhanden. Hier ist es nicht der Blick, der versteinern lässt, sondern der Biss, der das Opfer in eine Steinstatue verwandeln kann.
The Witcher RPG
Im Corebook… nichts. Dabei taucht der Basilisk in den Spielen auf. Gut, dort sieht er eher wie ein zu groß geratener Cockatrice aus…
My Little Pony
Hier ist es ähnlich wie beim Witcher: Im Grundbuch nicht vorhanden, in der Serie taucht ein Basilisk auf und sieht wie ein Cockatrice aus.
Ein Cosmic Horror oder nur ein krasses Monster
Vor kurzem gab es auf dem Eskapodkast einen interessanten Beitrag zum Thema Cosmic Horror. Kurz gesagt ist Cosmic Horror alles, was die Realität der Chars (und Spielerinnen) neu fragmentiert, sie aus der Bahn wirft und dem sie hilflos gegenüberstehen. Asteroid rast auf die (Fantasy)Welt zu, die Helden können ihn nicht aufhalten. Cloverfield. Lovecraft.
Wenn man die Notiz von Johannes Janssen oben noch mal liest, dann hatte der tatsächlich ein Cosmic-Horror-Erlebnis. Er hat miterlebt, wie zwei Hähne (für alle Nichtbiologen: zwei MÄNNLICHE Hühnervögel) Eier gelegt haben (Nebenbei… kann mir mal ein Biologe erklären, ob das wirklich funktionieren könnte? Ich meine jetzt nicht Eier im Sinne von Eiern sondern dass da was aus dem Verdauungstrakt des Hahnes gekommen ist, dass im Entferntesten nach einem Ei aussehen könnte? Ich dachte da an die Mahlsteine im Magen oder so). Er kennt, als jemand, der eine gewisse Bildung besitzt, Bestiarien mit Basilisken. Er zählt eins und eins zusammen: Seine schöne Stadt Aachen war 1748 der Gefahr ausgesetzt, dass zwei Basilisken in den Mauern der Stadt ihr Unwesen getrieben hätten, wären die Eier nicht rechtzeitig von den Bauern entdeckt und vernichtet worden. Er legt sich abends nieder in sein Bett, neben seine liebliche Frau und findet keinen Schlaf. Was wäre, wenn die Hähne ihre wiedernatürlichen Eier irgendwo draußen, auf einem Bauernhof, gelegt hätte. Er fantasiert von einem freilaufenden Hahn (waren die damals alle), dier sein ei neben dem Ententüpe ablegt, an eine Kröte die dort haust und an den Basilisken, der dann ausschlüpfen mag…
Dem Horror gegenüber stehen wir Rollenspielerinnen: Wenn es blutet und mit Wertekasten im Bestiarium steht, dann kann man es töten. Man muss nur genug Heiltränke und Stein-zu-Fleisch- Zauber bereithalten.
Ich persönlich stehe da irgendwo in der Mitte. Ja, im Grunde ist ein Basilisk oder Cockatrice nur ein weiterer Eintrag ins Bestiarium. Aber er hat das Zeug, ein richtig krasses Horror-Element zu sein. Nicht, weil er so ein blutrünstiges Wesen wie ein Oger ist oder so jenseitig höllisch wie ein Dämon, nicht, weil er die Seelen kleiner Kinder frisst oder ihm Jungfrauen geopfert werden. Weil (wie in DSA) sein Blick versteinert, tötet. Weil die Leiche als Steinstatue eine permanente Warnung ist. Weil im Gesicht der Opfer Furcht und Entsetzen, Bedauern und Hilflosigkeit für alle Zeiten gebannt sind. Und weil dieser Sendbote des Bösen, der in der Realität und in der Fantasy oft mit Teufel (oder ähnlichen Entitäten), Sünde und verderben verbunden ist, aus etwas so banalem wie einem Ei entsteht.
Einige Werte für Basilisken in verschiedenen Rollenspielen
Rakshazar – Tal der Klagen
Basiliskennatter
Pass bloß auf, Obacht! Hier im Sumpf haust der kleine Basilisk, eine janz gefährliche Natter. Wenn se Dir in die Augen sieht, dann wirste zu Stein, von Kopf bis in die Zehenspitze. Wie sie aussehen tut? Lang, gut zwei Schritt und Schuppen, purpur und schwatz. Und nen Stirnlappen, so wie en großen Basilisk, sagt Soren. Der hat schon einmal eijne Natter jesehn, von Weitem.“ Gunnarport, Neuzeitlich.
„Vom Basilisken: Jenes Wesen das man Basilisk nennt, lebt in den Öden Landen im Westen, sein kleiner Bruder, die Basiliskennatter, ist jedoch in ganz Rakshazar verbreitet.“ Aus einem etwa 100 Jahre alten Bestiarum, in Ribukan verschollen.
Die Basiliskennatter ist eine in fast ganz Rakshazar verbreitete Schlangenart, der in weiten Teilen der Bevölkerung tatsächlich eine Verwandtschaft mit echten Basilisken nachgesagt wird. Ob es tatsächlich so eine Verwandtschaft gibt, oder ob die Basiliskennattern sogar Ergebnis von längst vergangenen chimärischen Experimenten an Basilisken darstellt, bleibt jedoch ein Rätsel.
Fest steht, dass die Basiliskennattern – auch über ihr Aussehen hinaus – deutliche Ähnlichkeiten mit ihren mächtigeren Namensvettern aufweisen. So findet sich auch bei ihnen ein paralysierender Blick, den sie zwar hauptsächlich zur Jagd auf Kleintiere verwenden, mit dem sie sich bei Gefahr aber auch durchaus gegen menschliche Gegner zu Wehr setzen können. So stellt der Blick der recht trägen Basiliskennattern für sie ihre Hauptwaffe zur Jagd und Verteidigung dar.
Basiliskennatter DSA4.1
Verbreitung: selten in ganz Rakshazar Auftreten: einzeln
Körperlänge: 2 Schritt Gewicht: um 6 Stein
INI 14+1W6 PA 2 LeP 15 RS 1 KO 10
Biss: DK HN AT 12 TP 1W6+2
GS 3 AuP 25 MR 6 / 3 GW 5
Beute: 6 Ration Fleisch (essbar, aber von üblem Geschmack), Haut wertlos
Besondere Kampfregeln: Paralysierender Blick: KO-Probe erschwert um 4; Wirkung je nach Größenkategorie des Ziels. Sehr klein oder kleiner: bei Gelingen 1W6 SP und Bewegungsunfähigkeit für W6+3 KR. Klein bis Mittel: bei Gelingen 1W6 SP und -2 auf GE, FF,KK für W6 SR; groß: bei Gelingen keine Wirkung; sehr groß: keine Wirkung
Das Blickfeld einer Basiliskennatter entspricht in etwa dem eines
Menschen, doch nur der gezielte Blick entfaltet die lähmende
Wirkung (für den Blick fällt keine Probe an – was die Basiliskennatter auf
7 Schritt Sichtweite fixiert wird gelähmt).
Somit können jedoch auch mehrere Lebewesen innerhalb weniger
Augenblicke (pro KR ein Ziel) Opfer des Blickes einer Basiliskennatter
werden. Die Basiliskennatter kann ihren Leib winden, so dass ihre Augen auch nach hinten blicken können.
Basiliskennatter DSA5
Größe: 2 Schritt,
Gewicht: 6 Stein
MU 11 KL 10 (t) IN 13 CH 13
FF 10 GE 16 KO 10 KK 8
LeP 15 AsP – KaP – INI 14+1W6
VW 3 SK 2 ZK 0 GS 2
Biss: AT 16 TP 1W6+2 RW kurz
RS/BE 1/0
Aktionen: 1
Sonderfertigkeiten: Angriff auf ungeschützte Stellen
(Biss), Finte I (Biss) Talente: Einschüchtern 6 (11/13/13), Klettern 4
(11/12/8), Körperbeherrschung 8 (12/12/10), Kraftakt
3 (10/8/8), Fliegen 15 (12/12/8), Selbstbeherrschung
7 (11/11/10), Sinnenschärfe 7 (12/13/13), Verbergen
9 (11/13/12), Willenskraft 7 (11/13/13)
Anzahl: 1
Größenkategorie: klein
Typus: Tier, nicht humanoid
Beute: 2 Rationen Fleisch, Haut (9 Tauscheinheiten)
Kampfverhalten: Basiliskennattern greifen menschengroße Ziele nur an, wenn sie sich bedroht fühlen. Flucht: Verlust von 50 % der LeP
Jagd: –2
Tierkunde (Wildtiere):
- QS 1: Basiliskennattern jagen normalerweise kleine Reptilien und Säugetiere, die sie paralysiert und dann auffrisst.
- QS 2: Der Blick der Natter lähmt auch willensschwache Menschen.
- QS 3+: Basiliskennattern sind mit echten Basilisken verwandt.
Schmerz +1 bei: 8 LeP, 6 LeP, 4 LeP, 2 LeP oder weniger
Sonderregeln:
Paralysierender Blick: Wer von der Basiliskennatter angeblickt wird, muss eine Probe auf Willenskraft ablegen, um den Status Paralyse II zu vermeiden. Geling die Probe, erhält der Held nur einen Punkt Paralyse. Die Reichweite des Blicks beträgt 50 Schritt, die Viper muss dem Opfer in die Augen sehen. Der Zustand der Paralyse hält 1W6 Std + fehlende Punkte zum Bestehen der Probe an.
Update 06.11.2018: Ein Nachtrag (Werte für einen Basilisken in Hexen1733
Update 01.12.2018: Auch hier gibts Werte für einen Basilisk, diesmal für Beutelschneider
Update 28.11.2018: Ich habe meine Version des Basilisken für My Little Pony gelöscht, da es mittlerweile im Bestiarium (Achtiung, Affinity Link!) offizielle Werte für Basilisken gibt.
Ist das Absicht, dass die Beute in beiden Versionen der Basiliskennatter unterschiedlich ist?
Davon ab, spiele ich jetzt Möglichkeiten durch, wie Versteinerung in Beutelschneider funktionieren kann.
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ja, ist Absicht 😉 ich freu mich auf den Beutelschneiderbasilisken
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Wie du ja aber schon bemerkt hast, sind sie seit gestern endlich da.
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Hab ich und ich hab in meinen Bestiarum auf Dich verlinkt.
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Finde ich klasse, dass Du Werte für My Little Pony anbietest! Bin ich wohl nicht der einzige, der mit dem Nachwuchs zockt… Candy Armor heißt mein Charakter 🙂 Eine vergessliche Version von Shining Armor…
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Noch zocke ich es nicht mit meinen Mädels, die kleine ist noch einen Ticken zu jung. Aber das Regelwerk hab ich mir schon mal besorgt 😉
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