Archiv für den Monat Februar 2020

Karneval der Rollenspielblogs: Und was kommt danach? – Necromantische Ideen für einen Umgang mit dem Charaktertod

Da ich momentan meine Influenza auskuriere, gibt’s diesen Monat auch nur einen Beitrag von mir zum aktuellen Rollenspiel-Karneval.

Was tun, wenn Chars sterben? Ja, klar, sollte nur vorkommen, wenn es im ausdrücklichen Willen der Spieler*in geschieht, vielleicht mit einer Finalen Aktion-Szene, die den Char-Tod zu einem Emotionalen Event werden lässt, sonst sollte statt eines Char-Tods ein Failing-Forward stehen. Ok, verstanden. Doch wass, wenn man als Spielleitende mal nicht aufpasst und der Oger zu gut trifft? Oder ein solcher Spielstil nicht in der Runde gepflegt wird?

Echte OSR-Spieler haben natürlich einen fertig ausgearbeiteten Zweit-, Dritt-, und Viert-Char dabei, der nur darauf wartet, irgendwo im Dungeon einsteigen zu können. Doch was, wenn nicht?

 

Wiederbelebungszauber

Gesegnet sei die Gruppe, die eine Druid*in, Klerikerin oder eine Hexe dabeihat, die den 5. Stufe-Zauber Wiederbelebung kann, zumindest in Pathfinder (in Pathfinder 2.0 wird das zu einem Ritual der 5. Stufe, wirkt nur bei Chars der Stufe 1-10 und kostet pro Stufe 75 GM an Diamanten). Etwas Erfahrung, Können und eine entsprechend frisch Verblichene und schwupp… da ist Bridgett Barbar wieder.

Interessant ist das kleingedruckte solcher Zauber. In Pathfinder 1 darf höchstens eine Stunde je Zauberstufe vergangen sein, muss in einem Stück sein (was ab ist und nicht angenäht wird, bleibt ab, was geradezu nach einem Osiris-Mythos-Abenteuer schreit) und darf nicht an Altersschwäche gestorben sein (was wiederum Abenteuer einschränkt. Ich denke da an Opi-Pirat, der im Sterben liegt und von der Klerikerin der Held*innen zumindest so lange am Leben gehalten werden muss, bis er alle Infos zum vergrabenen Schatz ausgespuckt hat…). Auch die Negativen Auswirkungen der Wiederbelebung sind ziemlich Krass und halten eine Woche an.

In Pathfinder 2.0 wird sogar erwähnt, dass, sollte die Wiederbelebung schiefgehen, ein Untoter vor einem steht oder Schlimmeres.

DSA kennt keinen solchen Zauber – sieht man mal von Tsa-Kirche ab, die solche Wunder kennt, sie dort aller als lebensverändernde Erfahrung gelten.

 

Geistermentoren

Hier gibt’s was tolles von DSA…. Myranor. In Myranische Magie ab S. 53 – 55 dreht sich alles um Totenwesen. Totenwesen sind vollständige Individuen, mit allen Macken, Stärken und Schwächen und keine leeren Hüllen wie etwa Untote. Unter ihnen gibt es eine Hierarche, vom Phantom (in DSA3 mal als Nachtmahr definiert wurde und 500 LP von Opfern sammeln muss, um wieder ins Leben zu kommen) über den Poltergeist zu den Genien der Totenwesen, Waküre, Ahngeist, Totenmentor und Totenmeister, einem Archon (entspricht dem Elementaren Meisters). Held*innen könnten dann einen entsprechenden Geisterchar basteln. Die Generierungskosten entsprechen den AP zum Zeitpunkt des Ablebens, gib ihnen noch ein paar AsP und Voila, ein neuer Char, der die überlebenden Held*innen im Abenteuer weiter begleitet. Das betörende an dieser Idee ist, dass den Spieler*innen neue Möglichkeiten fürs Speil gibt, etwa durch Wände gehen, Kälteangriffe, durch Gegner fliegen usw., ihnen aber auch neue rollenspielerische Hürden gibt, etwa, dass die nur unter großen Anstrengungen Gegenstände manipulieren können oder dass ihre liebevolle Berührung Tod bringt. Eine Referenz hätte ich auch zu bieten: Arthur und die Freunde der Tafelrunde (Achtung! Affinity Link) Folge 4 „Der Geist aus der Kälte“. In dieser Folge beschwören die Tintagel-Schwestern den kriegerischen Geist ihrer Ur-Großmutter, die dann in Camelot spukt und nach Excalibur sucht.

Der Geister-Char ist übrigens nicht für immer: Sobald das Lebensziel der Verblichenen erreicht ist, spätestens am Ende der Kampagne) geht er dann doch ins Totenreich ein (mit der Möglichkeit, daraus wieder Beschworen zu werden).

 

Untote

Krieger: Ich will meinen toten Bruder rächen! Wer macht mit?

Zwerg: Du hast meine Axt!

Elf: Und meinen Boden!

Totenbeschwörer: Und deinen toten Bruder,

Die Idee ist eine Verschärfung der Geistermentor-Idee. Verschärfung deshalb, weil in den meisten Fantasy-Settings die Bewohner*innen der Welt nicht gerade begeistert sind, wenn ein verwesender Zombie durch ihr Dorf spaziert. Normalerweise ruft man in solchen Fällen ein paar Held*innen, einen Witcher oder ähnliches, um die Untoten und den Nekromanten in die Hölle schickt. Diese Art von Char hat also eine Art Timer, der den Verfall der Hülle misst. Am Anfang mag ein Untoter-Char noch als lebender Mensch durchgehen, aber sobald die Maden aus den Augen purzeln…

Man kann auch beide Ideen verbinden, hat also 2 Continues. Und ein TPK verleirt auch an schrecken, die Chars spielen dann die Kampagne als gruppe Untote weiter.

Rezension: Belly of the Beast – Rollenspiel im Magen eines Monsters

Norbert Franz (auf Facebook) und Klaus (in einem Kommentar unter meinem Verschluckt-Beitrag) haben mich darauf hingewiesen, dass es doch auf DriveThruRPG ein tolles Rollenspiel gibt, dass im Magen eines gigantischen Monsters spielt. Natürlich hab ich mir besorgt. Und gelesen. Und für gut befunden.

Das Setting des Rollenspiels ist interessant. Ein Meteor ist auf den Planeten eingeschlagen. Nachdem die Menschen die Katastrophe des Einschlags verdaut und die Kultur wieder aufgebaut haben, schlüpft aus dem Meteor / Ei der Weltenfresser, ein unbesiegbares, gebirgegroßes Wesen, dass alles, was in seinem Weg ist, verschluckt. Die Spieler*innen spielen Savengers, Überlebende und deren Nachkommen, die im langsam verdauenden Inneren des Evergut nach Rohstoffen und Artevakten aus der Zeit vor dem Gefressenwerden suchen. Dabei müssen sie ihr Stronghold und ihren Loot gegen Kannibalen, Räuber und zwielichtige Gestalten verteidigen müssen.

Belly oft he Beast geht im Spektrum der Rollenspiele eher Richtung Erzählspiel mit Würfelanteil, wobei es tatsächlich eine eiserne Regel gibt: Die Spielleiter*in würfelt nie. Alle Proben und auch die Kämpfe werden als Würfelprobe mit Erschwernis gehandhabt. Dabei kommen Würfelpools zum Einsatz. Einen Char zu erschaffen geht schnell und ist einfach: Name und Konzept aufschreiben, 2 Instinkte von 5 auswählen, die Spezialfähigkeiten freischalten, Charakterklasse wählen, Skillen, Talente wählen, fertig.

GREED

You must have all that you desire
Choose one:

  1. Spend 1 ID to discover the most valuable objects

in the Scene or current place.

  1. When you spend ID to haggle, sell, or profit more

from a salvage, those ID count as automatic
successes.

Quelle: Belly oft he Beast, Instinkt Greed, S. 65

Abenteuer sind im Quellbuch zwar nicht dabei, dafür detaillierte Anweisungen, wie ein Abenteuer im Evergut aufgebaut ist. Ziemlich strenges Konzept, imho. Gut finde ich, dass das Spiel szenisch aufgebaut ist und die Schwierigkeit des Abenteuers auch als Long Task aufgebaut sind. Long Tasks sind, um es mit DSA zu vergleichen, so was wie Sammelproben. Daneben gibt es auch einfache Proben, sogenannten Short Tasks. Immer, wenn eine Probe versemmelt wird, gibt es Konsequenzen (je nach Art des Tasks und der Anzahl der fehlenden Erfolge mehr oder minder schwer).

There’s a self-sustaining pull cycle:

  1. problem or scarcity (hook)
  2. potential solution (haul)
  3. travel to
  4. the pull itself
  5. travel from
  6. solve and barter

GMs, along any of these steps you can introduce any
number of obstacles or impediments, twists or
developments, battles or environmental hazards.

Quelle: Belly oft the Beast, S. 154

Auch Horror und Krankheiten können als Tasks abgebildet werden.

Gut gefallen haben mir auch die Illustrationen, die gut zur Immersion beitragen.

Fazit: Interessantes System, vor allem, wenn man die Variante 1 oder 3 der Verschluckt-und-Verdaut-Geschichten spielen will. Da sind viele gute Ideen drin. Ich hab gleich Lust, eine Runde zu spielen.