Archiv für den Monat November 2021

Zur Seifenkiste hinauf – Die Evolution des Ogers in DSA

Vor kurzem kam ein richtig cooler Beitrag von der Seifenkiste herab. Dort gab es eine Retrospektive zu den Ogern über alle D&D- Editionen hinweg, von 1974 bis zur D&D 5. Da ja bloggen auch mit agieren und reagieren auf andere Beiträge zu tun hat, dachte ich mir, ich schnapp mir das Thema und schau da mal bei DSA nach.


Die Reise der Oger beginnt in DSA1 im Jahr 1984 im Buch der Regeln. Leider hab ich nicht das Original, aber mit der Reto-Ausgabe von 2018 bin ich nahe genug dran. Damals kam der Oger mit einer halben Seite inklusive Werte aus. Der Wertekasten war damals noch ziemlich übersichtlich und umfasste 7 Werte. Mir fallen da die Niedrigen Werte in Attacke und Parade auf. Nur in 30% der Fälle trifft ein Oger sein Ziel, in 25 % der Fälle kann er parieren. Dafür hat er aber ordentlich Rüstungsschutz (für nicht-DSAler: die entsprach einer Lederrüstung) und mit 2W+4 richtig, richtig viel Schaden. Das waren 2 Schadenspunkte mehr, als die Barbarenaxt, die mächtigste Waffe der ersten Edition, ausrichtete. Dazu kommen 40 Lebenspunkte. Im Text zum Oger war er damals als Monster angelegt, so heißt es dort:

Der Oger im Spiel: Das Verhalten eines Ogers gleicht dem eines ausgehungerten Raubtiers. Es hat wenig Sinn, mit einem Oger zu verhandeln oder ihm freundlich zu begegnen. Helden, die auf einen Oger stoßen, haben meist nur zwei Möglichkeiten: Angriff oder überstürzte Flucht, wobei man allerdings bedenken muß, daß Oger schneller laufen können als Menschen.

Quelle: Buch der Regeln (2018) S. 62

Wenn man dann so ein Monster umnietete, durfte man sich 18 Abenteuerpunkte gutschreiben. Auf S. 60 kann man übrigens ein Bild eines Ogers sehen, das aus der Feder von Bryan Talbot stammen müsste. Ich weis ja nicht, aber auf mich wirkt der Menschenfresser eher wie ein Neandertaler, so wie man sich ihn in den 70gern und 80gern vorstellte. Etwas monsterhaftes hat er noch nicht so wirklich…


Bei DSA2 klafft in meiner Sammlung eine Lücke. Ich bin erst zu DSA3-Zeiten eingestiegen und vieles, was es an Abenteuer in DSA2 gab, ließ sich mit DSA3 oder DSA1 locker spielen.


Nun sollte man an dieser Stelle einen Blick in die Abenteuer werfen. Ich hab mir den Strom des Verderbens und Mehr als 1000 Oger rausgesucht.

Der Strom des Verderbens (DSA1 Basis, 1985) ist eigentlich ein Detektivabenteuer. An einer Stelle müssen die Held*innen jedoch in einen Sumpf am Rande des Großen Flusses, um einige Entführte zu retten. Gleich 3 Oger treten uns da entgegen: ein Ogermann, dessen Weib und Kind. Während Mann und Frau mehr Lebenspunkte als der Durchschnitt haben und eine deutlich bessere Trefferwahrscheinlichkeit besitzen, so ist der Jung-Oger deutlich schwächer, richtet weniger Schaden aus (1W+6) und hat die Kampfwerte eines DSA1-Ogers. Auf S. 51 kann man übrigens die Illustration eines Ogerweibes von Ina Kramer bewundern. Ich sag nur Hängetitten…

Bei mehr als 1000 Oger (DSA2 von 1988) fällt auf, dass man beim Verlag Schmidt Spiele mal wieder nicht mit Ugurcan Yüce geredet hat. Die Oger auf dem Cover sind eher gut durchtrainierte Riesen, die mit grimmigen Blick, gestutzten Bart und Lendenschurz die ein paar einfache Bürger verfolgen. Die Oger in dem Abenteuer sind deutlich, deutlich stärker als ihr Standart-Modell. Lebensenergie um die 50, Attake von 12 aufwärts (das bedeutet eine 60% Chance auf eine gelungene Attacke!) und Trefferpunkte zwischen 2W+7 (9—19) und 3W6 (3-18) Trefferpunkte! Werden die Oger besiegt, gibt es dafür aber auch 28 Abenteuerpunkte.


Dann mal weiter zu DSA3. Im Abenteuer-Basis-Spiel steht der Oger auf S. 63. Dort hat er schon zwei Waffen. Die Faust mit 2W Schadenspunkten und die Keule mit 2W+6 Schadenspunkten. Sonst bleibt er, wie gehabt ein 40 Lebenspunkt 3 Rüstungsschutz Monster. In der Attacke hat er zugelegt. Hier besitzt er Attacke 9, das heißt, in 45% der Fälle schafft er den Angriffswurf. Geschrumpft ist er auch noch: War er in DSA1 noch 3 Schritt groß ist er hier nur mehr über zweieinhalb Schritt. Die geringen kognitiven Fähigkeiten tauchen auch hier auf. Da Aussehen hat sich deutlich gewandelt. Der Oger ist feister, die Stirn fliehender, Reißzähne sind sichtbar. Insgesamt sieht er bedrohlicher aus.

Die Wichtigste Quelle für Oger in DSA3 ist aber das Bestiarium Aventuricum, das Monsterhandbuch dieser Edition. Auf S. 30f stehen dort die Werte dieser Monster. Das Besondere: Bei den Werten ist eine Spanne angegeben, um sie individuell an die Gruppe anzupassen. Hier richten sie noch einmal mehr Schaden aus als in der Basisbox. Ein Fausthieb richtet 2W+2, ein Keulentreffer 3W+4 (zischen 7 und 22) Trefferpunkte aus. Auch neu: die Varianten Schwarzoger (intelligenter als der Standart) und orkischer Kriegsoger (zusätzlich noch mal 3 Rüstungsschutz durch eine Lederrüstung und +2 Schadenspunkte. Eine wahre Kampfmaschine).

Quelle: Bestiarium Aventuricum S. 31. Auffällig ist zudem der niedrige Wert in Klugheit. Im schlechtesten Fall hat so ein Oger gerade mal 3 Punkte Klugheit, ein wert, bei dem ich an der Überlebensfähigkeit der Bestien zweifle… © 1996 Schmidt Spiele.  DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, THARUN, UTHURIA, RIESLAND und THE DARK EYE sind eingetragene Marken der Ulisses Spiele GmbH, Waldems. Die Verwendung der Grafiken in diesem Video erfolgt unter den von Ulisses Spiele erlaubten Richtlinien für Videoinhalte. Eine Verwendung über diese Richtlinien hinaus darf nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH erfolgen


Das Referenzwerk für DSA4 ist die Zoo-Botanika-Aventurica von 2004. Dort ist der Oger auf S. 143 beschrieben. Auch hier gibt es wieder einen Wertebereich, in dem sich die Oger bewegen. Die LE ist aber hier fix mit 45 Punkten angegeben, deutlich weniger als in den Vorgängereditionen. Der natürliche Rüstungsschutz beträgt nunmehr 2 Punkte, dafür ist die Attacke viel besser als bei den Vorgängereditionen. Ein unerfahrener Oger haut mit Attacke 12, ein erfahrener mit Attacke 16, okische Streitoger gar mit Attacke 20 zu. Wenn die Treffen (und selbst ein Unerfahrener schafft seine Attacke in 60% der Fälle), dann tut es richtig, richtig weh. Die Faust richtet 2W+5 Trefferpunkte aus, die Keule 3W+4, der Streitkolben der Streitoger gar 3W+6! Das Bedeutet eine Schadensspanne beim Streitkolben von minimal 7 bis maximal 22 Trefferpunkte! Ohne gute Rüstung… In Meinen Aügen hat DSA4 den stärksten Oger.

Ebenfalls DSA4 ist die Regionalbeschreibung Reich des roten Mondes. Auf S. 136 ff bekommt da der Oger das, was Ork und Goblin schon seit den späten DSA2 Zeiten (1991) bzw. DSA3 Zeiten (1998) haben… eine Kultur! Hier gibt es einen interessanten Effekt zu beobachten. Während be Ork und Goblin das eingetreten ist, was seit einigen Jahren in SWJ-Rollenspielkreisen (ja ich weis, SJW ist ein rechter Kampfbegriff, ich bin aber der Meinung, dass wir uns diesen Begriff reclaimen sollten) gefordert wird. Die Beiden Spezies haben sich weg bewegt vom Image der „bösen Rasse ™“ hin zu komplexen Kulturen und Spezies, mit deren Vertreter man durchaus reden, leben, zusammenarbeiten und lieben kann. Besonders krass, finde ich, merkt man das bei den Goblins, die ja in Festum zur Bürgerschaft (wenn auch 2. Klasse) gehören. Jede Held*in, die mal die Goblins in Festum oder auch einen wilden, natürlichen Goblinstamm kennengelernt hat, wird diese Wesen nicht mehr als Schwertfutter sehen sondern beim nächsten Kontakt mit ihnen versuchen, eine Friedliche Lösung des Konflikts herbeizuführen. Die Humanisierung der Orks und Goblins durch eine Beschreibung der Kulturen hat zu einer Demonsterisierung geführt. Nur nicht beim Oger, obwohl hier im Grunde das gleiche gemacht wurde. Meine Theorie, warum das nicht geklappt hat, ist folgende: Oger sind (der Lore nach) Menschenfresser. Damit stehen sie in der Nahrungskette direkt über uns und gelten als Bedrohung. Wir Menschen mögen Dinge nicht, die in der Nahrungskette über uns stehen, darum bekämpfen wir sie, wo es geht. Ork und Goblin stehen auf der Narungskette auf gleicher Stufe. Sie sind zunächst mal Konkurrenten. Aber aus Konkurrenten können auch Handelspartner werden, wenn man versteht, wie der andere tickt.

Im Reich des roten Mondes werden die Oger zudem in vier Subspezies eingeteilt: Schwarzoger, die in Südaventurien leben, kennen wir seit DSA3, Höhlenoger (noch bleicher, wohnen in unterirdischen Kavernen), den Standartoger und den Hügeling. Mit letzerem bin ich nie richtig warm geworden. Das ist nämlich ein vegetarischer Oger, der in den Orklanden heimisch ist. Ich weiß, was die narrativ mit dem wollten (den Bruch mint dem klassischen Menschenfresser), finde aber, ein paar Zeilen Text reichen dazu nicht aus.


In DSA5 findet sich die Beschreibung des Ogers im Aventurischen Almanach auf S. 153 (oder im Regelwiki). Das ist zugleich der am differenziertesten ausgearbeitete Oger. Die Lebensenergie liegt bei 60, Die Attacke und Parade ist von der Waffe abhängig (Faust oder Keule), zudem hat man ihm noch einen Fernangriff spendiert. Schaden und Rüstungsschutz sind zurückgefahren, dafür hat er eine Menge Sonderfertigkeiten, Talente und Sonderregeln. Die Schwarzoger fehlen mir ein bisschen, waren die doch bisher die Würze in Dschungelabenteuern. Auf Höhlenoger und Hügeling hingegen kann ich gut verzichten. Ein Schönes Bild des Ogers ist auf dem Aventurischen Kompendium zu finden. Feist, Humanoid und bösartig – einfach gelungen!

Artwork von Anna Steinbauer © 2016 Ulisses Spiele.  DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, THARUN, UTHURIA, RIESLAND und THE DARK EYE sind eingetragene Marken der Ulisses Spiele GmbH, Waldems. Die Verwendung der Grafiken in diesem Video erfolgt unter den von Ulisses Spiele erlaubten Richtlinien für Videoinhalte. Eine Verwendung über diese Richtlinien hinaus darf nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Ulisses Medien und Spiel Distribution GmbH erfolgen

Fazit:

Phu, war das ein Ritt durch die Geschichte! Es ist interessant zu sehen, wie sich ein Monster im Laufe der Editionen verändert hat. Im Gegensatz zum Ork haben blieb der Oger immer ein Monster, ein Gegner der Held*innen, das ohne Gewissensbisse erschlagen werden konnte. Und Oger waren immer eine Herausforderung, spätestens als ihre Attackewerte auf 9 oder 10 angehoben wurden. Die natürliche Rüstung und der massive Schaden machten und machen Oger zu förderlichen Gegnern, denen man sich nicht in Unterzahl stellen möchte. Auch hochstufige bzw. erfahrende Helden fürchten sich zu recht vor diesem Biest. Ein paar alternative Gedanken zum Oger habe ich hier noch verlinkt.