Rezensionen, Rezensionen, Rezensionen – Von mächigen Minen und Spurenfindern. 

Der Troll betritt eine riesige Bibliothek, überall liegen Bücher, Schriftrollen und Pläne eines Dungeons herum. “Meister? Bist du hier? Lebst Du noch? Ich hab seit letzem Jahr nichts mehr von Dir gehört, und da dachte ich, schauste mal nach, nicht dass wir nen Lich im Dungeon haben…” 

Von einem Gemütlichen Kanapee erhebt sich ein in Decken gehüllter Meister. “Oh, schon Februar? Nun, mein lieber Troll, ich hab wohl über meinen Büchern und Hörbüchern und den letzten Arbeiten am Dungeon die Zeit vergessen!” Was hast du denn gelesen, Meisterchen?” 

Die Minen der Macht Teil 1 Der Unheiler und Teil 2 Der Formbrecher 

Die Minen der Macht sind ein Gemeinschaftsprojekt der ersten Riege deutscher Fantasy-Autoren. Von Sam Feuerbach über Bernhard Hennen, Mira Valentin, Greg Walters und Torsten Weitze – lauter Schwergewichte. Die Romane spielen in Grubenstädt, einer ringförmig angelegten Minenstadt, die sich um eine geheimnisvolle Mine gebildet hat, aus der magische Steine (Farsette), Artefakte einer unbekannten, untergegangenen Zivilisation, komische Harze und Erze gefunden werden. Diese Stadt, regiert von einem Rat, dominiert von den Reichen und den Farsettmagiern, erregt das Interesse diverser Gruppierungen, die alle nichts gutes für die Stadt, deren größter Teil der Bevölkerung mehr schlecht als Recht darin haust, bedeuten würde.  

In Teil 1 geht es um die Fasette, den magischen Schutzschild um die Stadt und die Tatsache, dass die unerlaubte Nutzung eines Fasettes zur Heilung diesen Schutzschirm zum Flackern, im Laufe des Buches gar zum Zusammenbruch bringt (just als eine blutrünstige Barbarenhorde vor der Stadt rumschleicht). Im Teil 2 der Serie treibt ein Formbrecher, ein verrückt gewordener Magier, sein Unwesen in der Stadt, der vom im Hintergrund arbeitenden Feind Grubenstädts auf die Familie Feehlenwerk angesetzt wurde. Letzeres aus gutem Grund, haben doch die Todesmagierin Nasiima Feehlenwerk und ihr Vetter, Hauptmann Gunter von Adlerstein die Namensgebende Unheilerin aus Band 1 aufgespürt und somit die Pläne der im Hintergrund agierenden Macht zerstört.  

Cool fand ich an den beiden Bänden die anderen Hauptcharaktäre, etwa Kröte (eine kleine Diebin, die mit Hilfe eines geheimnisvollen Harzes eine unglaubliche Sinnesschärfe erhält), dem Wirt Woulf (der von einer unheilbaren Krankheit geplagt wird), dem Aschling Rami (eine interessante neue Fantasy-Spezies mit eigener Religion, Sitten und Gebräuchen am unteren Ende der sozialen Leiter) und Rutger (ein Doppelsöldner, der, wenn es hart auf hart kommt, als schwere Infanterie dabei ist und den Protagonisten den Arsch rettet, dabei herrlich anarchistisch, sexistisch und, in Ermanglung eines besseren Wortes, roh ist). 

Ich mag die Welt, die in diesen Büchern beschrieben wird. Ich mag vor allem auch die cozy Freundschaftsbande, die sich zwischen den einzelnen Protagonisten entwickeln (obwohl Woulf alles andere als erfreut ist, wenn Rutger wieder in seinem Gasthaus auftaucht).  Auf den 3. Teil, der im März erscheinen wird, freue ich mich schon. 

Der Spurenfinder 

Der Fantasy-Krimi-Roman ist in mehrerlei Hinsicht etwas Besonderes und ein gelungenes Beispiel dafür, dass man eben nicht immer Werk von den Autoren trennen kann. Auch hier arbeite ein Autorenkollektiv daran, eine Familie sogar, denn Marc-Uwe Kling schrieb diesen Roman zusammen mit seinen Kindern, die nur ein Jahr älter als meine große Tochter sind. Haltet mich für verrückt, aber da könnte eine Schreiberling-Familiendynastie heranwachsen. Ich würde darauf wetten! Zumal die Töchter dadurch auf jeden Fall einen gewaltigen Einblick in den Entstehungsprozess eines Buches bekommen haben, vom gemeinsamen Plotten hin zum Schreiben und Lektorat bis zum fertigen Produkt. Schreiben, das ist zumindest meine Meinung als jemand, der auch schon Texte veröffentlicht hat, ist nicht nur ein kreativer Prozess, sondern auch Handwerk. Kunsthandwerk, sozusagen. Handwerk kann man lernen. 

Ebenfalls spielt in diesen Roman Marc-Uwes Wunsch hinein, eine Fantasy-Trilogie zu schreiben. Diesen Wusch hat der Autor einer gesellschaftskritischen Tetralogie, einem Fantasy-Zweiteiler, einem Aufklärungs-Kinderbuch, diverser anderer Kinderbücher, dutzender kurzer Lieder und der schreibende Teil einer Comic-Reihe, mehrfach geäußert. Das hier, obwohl die Fantasy-Elemente (Elfen, Zwerge, Zaubertränke und magische Kräfte) eher im Hintergrund sind und der Kriminalfall im Zentrum der Geschichte steht, dürfte der Anfang der Trilogie sein. 

Woch wir grade bei den Geschichten rund um ein in Berlin lebendes, kommunistisches Känguru sind: In den Büchern taucht ja Wenzel R. R. Skowronek mit seinem Fantasy-Romanen um die Wunderhure auf. Im Kapitel “Todesliste” kann man eine gewisse… Bewunderung und Leidenschaft für die Art heraushören, wie in der Fantasy-Literatur immer wieder neue Namen erfunden werden. An mehr als nur einer Stelle funkelt das auch im Spurenfinder raus. 

Um was Geht es in der Geschichte? Ein ehemaliger Meisterdetektiv (im Buch Spurensucher genannt, er selber bezeichnet sich selbst als Spurenfinder) zieht sich, der Sicherheit seiner Zwillinge zuliebe, aufs Altenteil in Friedhofen zurück. Dieses Dorf ist so aufregend, wie der Name vermuten lässt, zumindest bis ein Mord geschieht und dieser gewaltvolle Tod eine ganze Reihe von Abenteuern auslöst! Für den Faktenfinder, der sich im Höhepunkt des Buches sogar mitten in einem Coup befindet, wird die Geschichte dadurch erschwert, dass seine beiden Kinder mitkommen. 

Ich hatte das Hörbuch als Quelle für meine Rezension, das Buch sei hier aber wegen der tollen Karten empfohlen. Das Buch ist noch nicht auf einem Level wie Quality Land, aber für einen ersten Teil und für das Erstlingswerk zweier Teenager (und eines literarischen Universalgenies) echt nicht schlecht. 

Triggerpunkte: Konsens und Konflikt in der Gegenwartsgesellschaft 

Dieses Buch habe ich mir zu Weihnachten gewünscht, und es ist alles andere als einfach zu lesen (weil sehr wissenschaftlich und kompex) aber nichtsdestotrotz, gerade jetzt, ein unglaublich wichtiges Buch. Die Autoren Lux, Mau und Westheuser stellen nämlich die These auf, dass die Gesellschaft hier in Deutschland, im Gegensatz zu dem, was wir so fühlen und wahrnehmen zu glauben, gar nicht gespalten sind. Das haben die Autoren mit einer riesigen Studie per Fragebogen und Gruppeninterviews untersucht. Und die Ergebnisse dieser Studie wurde dann auf “Arenen” also Konfliktfelder, Triggerpunkte und politischer Einstellungen hin untersucht. Konflitfelder gibt es 4 Stückt (Oben-vs-Unten, Innen-vs-Außen, Wir-vs-Sie und Gegenwart-vs-Zukunft) und in jedem der Felder gibt es einen Kanon an gemeinsamen, gesellschaftlich zu großen Teilen mitgetragenen Normen und einige Felder, auf denen gerade die Dinge verhandelt werden. 

Um es an den Bauernprotesten mal festzumachen: Das ist ein klassischer Verteilungskonflikt (Oben-vs-Unten). Der gemeinsame Kanon ist, dass der Staat sparen muss (höchstgerichtlich festgelegt), die schwäbische Hausfrau und das Schulden schlecht sind. Und jetzt geht es darum, wer denn wieviel sparen muss und wer denn Geld vom Staat für was bekommt. Das ist jetzt kein Konflikt, an dem die Gesellschaft auseinanderbricht (auch wenn diverse rechte Influencer diesen Konflikt dazu nutzen wollten). Das durchschauen die Menschen. Kämpfe finden hier tatsächlich zwischen den Beteiligten (Staat und Bauern) statt und der Rest der Bevölkerung sieht zu. 

Bei den Triggerpunkten gab es auch interessante Ansätze, hier scheinen vor allem das Gefühl, es gehe einem zu schnell beim Wandel bzw. zu langsam und das Gefühl der Ungleichbehandlung ähnlicher Sachverhalte, Auslöser für Konflikte zu sein.  

Das interessanteste, aber auch das am ehesten zu erwartenden Ergebnis lieferte allerdings die politische Dimension. Nimmt man den Politikkompass als Maß, so liegt der größte Teil der Gesellschaft mit ihrer Einstellung politisch in der Mitte, mit einem leichten progressiven Hang. Auch im Pendel zwischen Marktwirtschaft vs. Staatseingriffe tendiert der Großteil der Bevölkerung Mitte, wobei es da wie dort Unterschiede zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen gibt (die aber kleiner sind, als man landläufig so meint). Interessant wird es, wenn man da die Parteien drüberlegt. Drei Parteien weichen von dem Kompass ab: Die AFD, die Grünen und die Linken. Die AFD ist radikal konservativ, die Grünen radikal progressiv –oh Wunder. Auch kein Wunder, dass die ganzen Anti-Rechts-Demos gerade so viel Zulauf haben, der Großteil der Bevölkerung ist von deren Positionen weit weg. Die Linken sind da ein interessanter Fall. Die haben einen konservativen, Anti-Migrations-Flügel, einen Flügel in der Mitte und einen progressiven *innen Flügel. Drei Flügel in einer Partei, die sich teilweise diametral gegenüberstehen: Kein Wunder, dass es die Partei gerade zerrreißt. Fürs Rollenspiel ist jetzt da weniger drin, fürs Leben aber umso mehr. 

Zakoldovka – Ein russisches OSR

Zuletzt noch ein Podcast, den ich empfehlen möchte: Die aktuelle Folge des Zock-Bock-Radios stellt ein russisches OSR-Rollenspiel aus der Wendezeit vor, dessen Entstehungsgeschichte schon eine Räuberpistole ist, eine krude Mischung aus Boardgame-und Rollenspiel darstellt und so absolut unter unserem westlichen Radar existiert, dass es als Entdeckung des Jahres gelten kann. Die Folge ist auf Englisch und dauert nur 1/3 der normalen Zeit des Podcastes (also 1 Std.)! Ich sitze grade am GhatGTP und lasse mir die Russischen Dateien ins deutsche übersetzen. Artikel wird folgen! 

Achja: FICKT EUCH! Für die Rezension habe ich weder Geld noch sonst irgend etwas bekommen, die Bücher, Hörbücher usw. hab ich vom eigenen Geld gekauft. Die Links gehen auf amazon, ich bekomme theoretisch ein paar Cent dafür. 

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..