Blog-O-Queste #64: Geister und Gespenster Frage 3 – Wie schaffe ich es, meine Geister im Abentuer gruslig rüberzubringen?

In vielen Rollenspielsystemen haben Geister starke Konkurrenz durch Dämonen. Dämonen sind bösartig. Sie werden beschworen, mit dem Blut Unschuldiger. Sie haben mächtige Kräfte, die Zeit und Raum zerreißen können. Und Geister? Das sind die armen Würstchen, die da halbsichtbar durch die Räume schweben und mit den Ketten rasseln. In der Monster-Hierarchie stehen die noch unter den Untoten, die haben ja einen physischen Körper und können in der Welt der Lebenden direkt agieren. Wie peppe ich also Geister auf und bringe den Horror ins Spiel?

Jeder Geist hat eine Geschichte

Der große Vorteil von Geistern gegenüber den Dämonen oder Untoten Skelettkriegern ist, dass Geister Individuen sind. Jeder Geist war einmal eine Person, bevor sie verstarb. Jeder Geist hat ein Trauma, das sie zu Geistern werden ließ. Jeder Geist hat einen Erlösungsplan, der die irdische Existenz beendet und den Geist in die Totenwelt schickt. Jeder Geist hat eine eigene Agenda, die er verfolgt. Nutzen wir das doch für die gruslige Darstellung. Im DSK-Kompendium und im GSK-Grundregelwerk gibt es da tolle Inspirationen für die Geschichte und das Aussehen von Geistern.

Lasst uns doch mal einen Bespielgeist machen. Meine Idee wäre ein Geisterbuttler. Buttler heißt für mich alten LTB-Leser immer Baptist oder Johann. Baptist hört sich gut an, nehmen wir.

Wie war den Baptist so zu Lebzeiten und wie ist er gestroben? Irgendwo hab ich mal gehört, dass viele Buttler im viktriansichem England schwere Alkoholiker waren und, da sie dem Hauspersonal vorstanden, kleine Tyrannen. Nehmen wir das doch und lassen wir unserm Baptist einen kleinen, versopten Tyrannen sein, der starb, als er Besoffen die Treppe in die Küche runtergfallen ist.

Jeder Geist hat einen Grund, warum er da ist. Meist eine unerfüllte Aufgabe, eine Sünde, die geühnt werden muss, ein Ding, dass bereut wird. Die größte Angst der Buttler war ja, irgendwann alt und krank auf die Straße gesetzt zu werden. Baptist geistert durch die Treppenhäuser, weil er auch im Tod seine Arbeit weitermachen will. Austreiben könnte ihn die rechtmäßigen Besitzer*innen des Herrenhauses (wobei Baptist nur Besitzer*innen anerkennt, die aus der Blutlinie sener Herrschaften zu Lebzeiten sind), in dem sie ihm einfach entlassen (samt Arbeitszeugnis). Also wird der Geisterbuttler alles daran setzen, diese Herrschaften daran zu hindern!

Von Phasmophobia lernen heißt siegen lernen!?

Seit letzem jahr gibt es ein Spiel, das so ziemlich jeder deutsche Youtuber / Twitcher schon gespielt hat: Phasmophobia. In dem Spiel spielen die Teilnehmer Geisterjäger, die in verschiedenen Locations in Amerika Geister aufspühren, bestimmen und Beweise sammeln. Für die Darstellung von Geisern im Rollenspiel ist das Spiel, besser nch die ganzen Videos dazu, eine Goldgrube. Die Videos zerfallen grob in zwei Teile. Die ersten 20-30 Mal, in denen der Geist gejagdt wird und in den Rest. In den ersten 20 haben die Youtuber noch so richtig Angst. Da! Ein lautes Geräusch! Dort! Eine Tasse fällt vom Tisch. IIIIh, er hat mich angehaucht! Hilfe, da steht er! Er huntet, er huntet, warum geht die Haustür nicht auf? AAAAAAAAH! Hach, es macht so richtig Spaß, Kaya Yana, Gnu, Gronk, Pnadoria, Keyesjore usw. bei ihren Geisterjagden zuzusehen.

Der Reitz hier ist, dass die Youtuber so grob wissen, was sie tun müssen und welche Zeichen ein Geist von sich gibt. Die Regeln der Jagd sind so grub klar, die stehen auch im Bestimmungsbuch drin. Gefriertemperatur? Geisterbox? Finderabdrücke? Alles klar, wir haben es mit einem Gespenst zu tun. Den Spielenden selber fehlt aber die Abgebrühtheit und Erfahrung. Auf jedes Knarzen wird reagiert, der Name des Geistes zu oft laut ausgesprochen, bei einer Jagd wild durch die Gegend gerannt, usw.

Meine Schlussfolgerung: Plane, welche Art von Geist auftritt und wie man diese Art bestimmen kann. Gib den Charakteren ein Geisterjournal, mit dessen Hilfe die Art des Geistes bestimmt werden kann. Spuke! Wirf Dinge um, lass Dinge schweben, Ektoplasma tropfen usw.

Wenn die Youtuber so ca. 20 Runden Phasmophobia gespielt haben, lässt der Reiz des spieles deutlich nach. Rein, EMF5, Geisterbox und Bubbles? Ein Djin. Raus. Fertig, nächster Geist. Teilweise triggern dann die Spieler*innen nicht mal mehr eine Jagd, so fix sind die unterwegs. Hier beginnt das Spiel, seinen Reiz zu verlieren. Vielleicht hilft hier aber ein japanischer Horrorfilm weiter…

Ringu oder: Manchmal kommen sie wieder

Mein absoluter Lieblingshorrorfilm ist Ringu. Das Original, nicht das amerikanische Remake. Wobei es durchaus interessant ist, Original und Remake zu vergleichen, weil man da zwei verschiedene Moralvorstellungen sehen kann. Jedenfalls (Achtung Spoiler)… gegen Ende des Films findet die Heldin Reiko Asakawa die Leiche von Sadako, die als Geist nach genau 7 Tagen tötet, die ein bestimmtes Video gesehen haben. Ich als westlicher Zuschauer ging sofort davon aus, dass der Geist, nachdem die Leiche ordentlich beerdigt wurde, nun ausgetrieben währe. Immerhin funktioniert so die älteste überlieferte Geister-Gruselstory. Es war ein richtiger kleiner Schock, als in der nächsten Szene Sadako aus einem Fernseher kroch und den Unglücklichen, der vor genau 7 Tagen das Video gesehen hatte, umbrachte. Dieses Gefühl, dass die doch alles getan hatten, um den Geist zur Ruhe zu betten und trotzdem nichts erreicht hatten, das war großartig.

Ich habe mal Jahre später das in ein Abenteuer eingebaut. In Nurabis Ring, einem DSA2 Abenteuer aus der alten Albernia-Box. Die Helden damals haben den unglücklichen, verliebten Untoten doch tatsächlich verbrannt. Untoter vernichtet, Abenteuer erfüllt, Abenteuerpunkte erhalten. Dann hab ich den Untoten als körperlosen Geist auftreten lassen, as Brausen, als Wispern im Wind, als Gefühl, das unaufhaltsam näher kommt, als Raureif im Juni. Das hat meine Spieler damals so richtig Angst eingejagt.

Meine Idee hierzu: Brich mit Klischees und Regeln. Wenn du ein Geisterbuch ausgeteilt hast, lass die Temperaturen mal in einem Raum hoch statt runter gehen. Lass die Spieler*innen im Unklaren, ob der Exorzismus funktioniert hat. Lass den Geist noch einmal auftauchen und seine gesamte restliche Energie verbraten. Lass die Infos im Geisterhandbuch falsch oder Unvollständig sein.

Fazit

Drei Ideen hätte ich also für ne Geisterdarstellung:

  1. Mach jeden Geist zu einem Individuum.
  2. Mach grobe Regeln zur Bestimmung eines Geistes (und den Möglichkeiten zur Austreibung).
  3. Brich deine Regeln in de Moment, in dem die Spieler*innen glauben, diese verstanden zu haben.

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