Karneval der Rollenspielblogs: Reisen – Wölfe im Battery Park

Was ist das schrecklichste, was Dir als reisender nachts im Battery Park in New York passieren kann?

Anscheinend ist die Antwort: Von einem Wolf gefressen zu werden.


Über die Geschichte bin ich dank fefes Blog gestolpert. Das hat mich dann nicht mehr losgelassen und frei nach fefes Wunsch, sich doch mal mehr Medienkompetenz draufzupacken, hab ich dann mal zu recherchieren begonnen. Rausgekommen ist folgende Geschichte:

Ende der 70ger und zu Beginn der 80ger muss New York ein richtiges Höllenloch gewesen sein. Korrupt, dreckig, voller Krimineller und Junkies. Das Ganze muss so schlimm gewesen sein, dass es bis heute, also gut 40 Jahre später, nachhallt. Grade erst ist ja der Joker-Film rausgehommen. Der spielt, wie alle Filme des Batman-Universums, zwar in Gotham, doch spiegeln die New York in den frühen 80gern wieder (wie auch Ghostbusters und andere Filme). Im Jahr 1977 wurde dann Ed Koch Bürgermeister. Er trat mit dem Walversprechen an, die Stadt aufzuräumen und wollte mit den Sprayern beginnen. Die hatten sich zu einer Plage (fürs Establishment) entwickelt. Sein Vorschlag war es, nachts Wölfe auf den Betriebsbahnhöfen der U-Bahn freizulassen. Die sollten dann die Sprayer verjagen. Angst, dass da einer gebissen oder gar gefressen wird, hatte Koch nicht, schließlich wären die letzten Jahrzente keine tödlichen Angriffe wilder Wölfe auf Menschen in Nordamerika gemeldet worden. Um eine Gewöhnung der Wölfe an den Menschen (und somit eine Gefahr für den rechtschaffenden Wähler) zu vermeiden, sollten die Wölfe alle zwei Wochen getauscht werden. Doch einige Wölfe entkamen durch die Tunnel und streiften duch den New Yorker Untergrund. kommen sie in den verschiedenen Parks raus und würden dort auf die Jagt gehen. Weil sie dabei auch vor Menschen nicht zurückschrecken, seien die Parks auch nachts geschlossen (der Battery Park zum Beispiel ab 1:00 Uhr). Die Polizei soll davon wissen und viele Vermisstenfälle auf die Wölfe schieben. Um den Opfern der Wölfe zu gedenken, errichtete Joseph Reginella im Battery Park, jenem Park, in dem der Werwolf-Film Wolfen gedreht wurde, eine Statue zu Ehren der Wolfsopfer aufgestellt.

Die Geschichte ist… zumindest gut erzählt und enthält wie jede Sage einen waren Kern. Ed Koch hatte damals tatsächlich vorgeschlagen, die Betriebsbahnhöfe einzuzäunen und darin Wachhunde einzusetzen. Mittarbeiter waren darüber besorgt, schließlich könnten die Hunde ja jemanden anfallen (und der die Stadt dann verklagen). Daraufhin schlug Koch tatsächlich vor, wilde Wölfe einzusetzen, wie er in diesem Interview erzählt. Das ganze war also eher ein dunkelschwarzer Witz auf Kosten der ängstlichen Mitarbeiter, umgesetzt wurde das nicht, auf Rücksicht auf die Wählerschaft. Joseph Reginella wiederum ist ein bekannter Künstler und hat schon mehrere Statuen zu Fake-Geschichten aufgestellt.

Trotzdem: Die Familie Canidae ist weltweit auf dem Vormarsch. In New York z.B. durch Canis latrans, besser bekannt unter dem Namen Kojote. Von denen wurden tatsächlich schon Individuen in New York gesehen und ganz ehrlich, ich als Laie könnte frühmorgens vor der dritten Tasse Kaffee Wolf und Kojote nicht auseinanderhalten, zumal beide so nah verwand sind, dass es da immer wieder Einkreuzungen gibt. Aber auch bei uns breitet sich ein kleiner Hund aus Asien aus, der Goldschakal hat mittlerweile Österreich erreicht und es ist wohl nur eine Frage von Jahren, bis der auch hier in Bayern unterwegs ist. Kleine Beruhigung: In einigen Gebieten Deutschlands wird er nicht auftauchen. Er mag nämlich keine Wolfsreviere. Dann haben wir noch Wölfe, die aus Osteuropa zuwandern und natürlich unsere rotpelzigen Freunde, die Füchse. Nachdem die Impfkampagnen gegen Tollwut in den 80gern und 90gern so erfolgreich war, dass sie sich ordentlich vermehren konnten, zieht es immer mehr Rotfüchse in die Städte, wo es Fressen im Überfluss gibt. Untersuchungen zeigen, dass Stadtfüchse sogar gesünder sind, als ihre Vetter auf dem Land.

 

Und was bringt die Geschichte fürs Rollenspiel?

Die Geschichte ist doch eine Steilvorlage für (Teenie-) Abenteuer, die in den 80gern in New York (oder Gotham) spielen. Niemand erwartet ein Wolfsrudel mitten in der Stadt. Außerdem bietet es sich an, einen oder mehrere Werwölfe in das Rudel einzubauen. Quasi ein urbanes Werwolf-Setting. Natürlich kann man das auch in die Fantasy transformieren: Die reiche Adlige hält in seinem Garten ein Rudel Wölfe / Hunde / Hybriden, um Einbrecher abzuschrecken. Vielleicht ist sie selber ja auch ein Werwolf?

Besonders interessant fand ich ja den Aspekt mit den Kojoten in der Stadt. Kojoten gelten in vielen Mythen der Native Americans als Trickster, Gestaltwandler und Kulturbringer. Der Kojote, der sich den Anschein eines Wolfes gibt, um den Weißen Mann in seinem Steinzelt zu narren… herrlich! Außerdem gibt es hier die Möglichkeit, mal andere Werhundeartige einzuführen, die nicht ins Klischee des Werwolfes passen. Werkojoten, die furchtbar schlau und kontrolliert sind, Werfüchse (ok, in der japanischen Sagenwelt gibt es die schon) Werschakale. Vielleicht ist die grazile, langbeinige, äthiopische Schönheit in der U-Bahn auch ein Werwolf?

Zuletzt sollte es für uns Fantasy-Rollenspieler auch mal eine Anregung sein, das gewohnte Trope des Wolfsrudels, das die Held*innen verfolgt, zu überdenken und duch andere Tiere zu ersetzen.

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