Rezension: Maleficium – Ein Horror-Rollenspiel mit Tarotkarten (II) 

Vorweg: Ich habe für die Rezension dieses Spieles nur eine PDF-Version bekommen. Ich habe kein Geld oder Belegexemplare bekommen und werde auch keines annehmen, sollte es mir je angeboten werden. 

David Ruschkowski hat mir ja eine Vorabversion seines Rollenspiels zur Verfügung gestellt. Mich hat die Idee neugierig gemacht, dass man dieses Horror-Rollenspiel mit Tarotkartem spielt und gegen einen gemeinsamen Fluch ankämpft. 

Der gemeinsame Fluch, das ist in meinen Augen eine wirklich gelungene Idee. Statt den Weg in die Katastrophe zu spielen, wie bei Dread, spielt man hier Charaktere, die schon in der Scheiße stecken und nun auf dem Weg sind, sich davon zu befreien und den Fluch zu brechen (was immer noch in einer Katastrophe enden kann). 

Das wichtigste Mechanikelement des Spieles sind aber die Tarotkarten, die vor dem Spiel erstmal vorbereitet werden müssen. Die ganzen Höfe (Page, Ritter, Königin und König der Münzen, Kelche, Stäbe und Schwerter) müssen weg. 

Danach werden erst mal die Charaktere erstellt. Da das Spiel recht Universal ist, kann man damit, abhängig vom Szenario, das man spielen will, alles generieren. Vom normannischen über Holmes und Watson hin zu einem Heimkehrer aus dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, alles ist möglich. Wie genau der Charakter gebaut wird, wird auf 9 Seiten einfach erklärt. Hier spielen Stärken und Schwächen sowie Ängste eine Rolle, letztere will man ja als Spielleitung oft und gerne triggern. Zudem dürfen 12 Punkte (min 1, max 5) auf das Vermögen und drei Wesenszüge (Körper, Verstand und Seele) verteilen. Passend zu dem, was ein Charakter darstellen soll, gibt es dann 5 frei wählbare Schwerpungte (sprich, die Talente des Systems). 

Proben sind einfach geregelt: Je nachdem, wie schwer etwas ist, muss ein vorgegebener Wert übertroffen werden. Um den Wert zu übertreffen, wird der Wert des Wesenszuges, ein Bonus für den Schwerpunkt, Mali für getriggerte Ängste usw. Und den Wert der gezogenen Tarotkarte verrechnet. Dabei spielt auch eine Rolle, welche anderen Karten gezugen werden und, wie beim Tarot üblich, ob die auf dem Kopf stehen oder eben nicht. Im PDF gibt es da ein aufschlussreiches Probebeispiel: 

Probenbeispiel: Die letzten Überlebenden einer römischen Legion haben die Fährte des Druiden, der sie mittels Magie in ihrer letzten Schlacht verheerend geschlagen hat, erfolgreich zu einer Höhle im Wald verfolgt. Zwei Männer halten davor Wache. Julius, einer der SCs, schlägt eine Überraschungsattacke vor und schleicht sich zu diesem Zweck näher heran. Das erfordert eine Probe.  

Julius’ SP zieht eine Karte und erhält die aufrechten Schwerter 5. Da die Wachen aufmerksam sind, zieht auch der SL Karten für sie, statt einen Schwellenwert festzulegen, und deckt eine 2 und eine 9 auf.  

Der SP entscheidet, dass ihm die gezogene 5 nicht ausreicht und setzt Julius’ Schwerpunkt Kundschafter ein, womit der SL einverstanden ist, um die Karte abzulegen und eine neue zu ziehen. Diesmal erhält er den aufrechten Gehängten, der zunächst ohne Effekt an den SL weitergeht. Als nächstes werden die umgekehrten Kelche 8 aufgedeckt. Diese Karte muss der SP akzeptieren und er erhält durch Addieren von Julius’ Wesenszug Körper 4 ein Ergebnis von 12.  

Der SL bestimmt die Ergebnisse seiner NSCs durch Hinzuziehen eines passenden Wesenszugs und erreicht mit einer der Wachen ebenfalls eine 12. Da es aber Julius war, der die Initiative ergriffen hat, entscheidet er die Probe für sich. Er nähert sich unentdeckt den Wachen.  

Allerdings hat der SP bei seiner Probe zuletzt umgekehrte Kelche aufgedeckt. Der SL beschreibt, wie Julius unbemerkt durch das Gestrüpp pirscht, dabei aber das Wildschwein in seiner Nähe nicht bemerkt. Das Tier prescht durch das Unterholz davon und eine der Wachen kommt heran, um dem Geräusch nachzugehen. Noch ist Julius nicht entdeckt – schließlich ist ihm die Probe gelungen – doch die neue Situation zwingt ihn, seinen Plan zu überdenken. 

Quelle: Maleficium. S. 21-22 (der Vorabversion) 

Das Wildschwein kommt in diesem Beispiel deshalb ins Spiel, weil die umgekehrten Kelche eine Aktion anderer Charaktere auslösen. 

Was sich am Layout noch ändern würde, ist, dass im PDF nach den Proben nun eine Erklärung des Fluches und des Stresses kommen, bevor man sich dem Kapitel Kampf widmet. Da dieser ähnlich wie eine Probe abläuft, wäre dieses Kapitel weiter vorne besser aufgehoben. Interessant finde ich hier, wie die Waffen Schaden anrichten. Ob man einen Zweihänder schwingt oder mit einer HK feuert ist erst mal egal. Man ist bewaffnet, also ein Schadenswert von 5. Mit bloßer Faust sind es ein Schadenswert von 3 Schadenspunkte, eine Bazooka oder ein Katapult würde aber das Ziel sofort vernichten. Von diesem Schadenswertwerden 1 oder 3 Punkte abgezogen, je nachdem, ob man mit leichter Panzerung oder Vollplatte unterwegs ist.  Dann müssen so viele Karten gezogen werden, wie Schadenswert übrigbleibt, das ist dann der tatsächlich angerichtete Schaden. Auch hier gibt es ein schönes Beispiel, dass den Kampf genau erklärt, auch hier spielt die Ausrichtung der gezogenen Karten eine Rolle. 

Lady Penelopes SP muss nun eine Körperprobe gegen 6 gelingen. Der SP zieht eine Karte und erhält die umgekehrten Stäbe 4. Addiert mit Lady Penelopes Körper 3 erhält er ein Ergebnis von 7. Das wird zusätzlich um 1 reduziert, weil die Gasse schlecht beleuchtet ist, was als ungünstige Lage gewertet wird. Das Endergebnis von 6 reicht gerade eben für einen Treffer.  

Lady Penelopes Schadenswert beträgt 5, weil sie bewaffnet ist, und bleibt unmodifiziert, weil die getroffene Kreatur keine Panzerung trägt. Lady Penelopes SP zieht nun fünf Karten vom Stapel und erhält: 1, Magier (1), 5, 8 und 9. Drei der Karten sind niedriger als oder gleich groß wie der Schadenswert, also beträgt die Stufe der Verletzung 3. Da die Kreatur nur Körper 3 besitzt, geht sie im Spurt zu Boden und rutscht über das feuchte Kopfsteinpflaster, um schließlich vor Lady Penelopes Füßen reglos liegenzubleiben. Alle Karten zur Bestimmung des Schadens, auch die große Arkanakarte, kommen auf den Ablagestapel.  

Der Angriff war ein voller Erfolg, doch die Probe für den Angriff offenbarte auch umgekehrte Stäbe. Das Gefühl der Überlegenheit währt für Lady Penelope nur kurz, als ihre Augen von dem toten Körper hochfahren zu der übriggebliebenen Meute vor ihr, die zähnefletschend Angriffshaltungen annimmt. 

Quelle: Maleficium. S. 48-49 (der Vorabversion) 

Jetzt zu Stress und dem Star des Spiels selbst, dem Fluch. Stress bekommt man durch umgedrehte Karten des kleinen Arkanums (das mit den Stäben bei Proben. Der Stress wird als Mali auf die nächste Probe verrechnet und dauert, je nach Situation, mal mehr oder weniger lange an. 

Der Fluch liegt aber in den Karten des großen Arkanums (das ist das mit dem Tod, dem Mond und dem Teufel). Jeder Charakter hat zunächst einmal die Fluchstufe 1. Wird die Stufe 5 erreicht, verfällt der Charakter dem Fluch (was immer das auch sein mag) vollständig (und kann als Gegner im Endkampf auftauchen). 

Jeder Charakter wählt bei der Erschaffung eine von 8 Charakterkarten, Die Anderen Karten sind Zusatzkarten und Effektkarten. Die Karten werden ins Spiel gemischt und im Verlauf des Abenteuers bei den Proben gezogen. Sie haben keine Auswirkung auf das Probenergebnis und landen bei der Spielleitung. Die kann jederzeit vor einer Probe eine Kombination aus diesen Karten spielen, um die Kacke zum Dampfen zu bringen (und die Fluchstufe um 1 Punkt zu erhöhen). 

Beispiel: Sascha hat als Charakterkarte den Narren, die Spielleitung hat den Wagen (Malus auf die nächste Probe von 2 Punkten) und die Sonne (keine Zusatzeffekte) gezogen. Sascha hat es also das nächste Mal deutlich schwerer, aber zumindest ist kein weiterer Charakter betroffen, was bei der Welt als zusatzkarte der Fall gewesen wäre. 

Maleficium besitzt auch einen Spielleitertei, der erklärt, wie man so ein Horror-Rollenspiel vorbereitet und leitet sowie ein paar Monster enthält, die man in einem Horror-Rollenspiel erwarten kann (Wendigo, Werwolf, Golem, Zombie und Vampir- also eher Standard, sowie, als Highlight, das Sandmännchen).  

Was wäre ein Fantasy-Grundregelwerk ohne Einsteigerabenteuer? Das hier abgedruckte Abenteuer, der Stein, ist eine nette Mischung aus Farben aus dem All und verrückter Wissenschaftler (der Endboss). Man kann dieses Abenteuer auch auf der Maleficium-Homepage finden. 

Fazit 

Perle. Die Idee mit den Tarotkarten gefällt mir gut (auch wenn ich mir dazu ein neues Deck kaufen muss), auch die Idee, alle Charaktere von Beginn an unter einen Fluch zu stellen, finde ich als Aufhänger ziemlich gelungen. Die Fluchkarten und auch die Art, wie Karten in den Proben gewichtet werden, passt zum Spiel und wird an den Tischen regelmäßig für Drama sorgen. Jetzt noch ein Paar Illus (die sollen nämlich durchs Crowdfunding zu Stande kommen), und wir haben da ein sehr feines, schönes Rollenspielprodukt. 

Hier geht es zum Crowdfunding.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..